Viel Sand aus der Servicewüste

Ich habe mich lange durchgefragt, viele Angebote verglichen, in einem Forum um Meinungen gebeten und mich dann endlich für ein Business-Notebook entschieden. Auf den ersten Blick sieht es gut aus, die Software funktioniert auch, aber leider ist im Bereich der Handauflagefläche (also dort, wo man seine Handballen auflegt, wenn man tippt) die Oberfläche völlig speckig und weißlich angelaufen. Nein, es handelt sich um ein nagelneues Gerät.

Also rief ich heute mittag beim Kundenservice an und schilderte das Problem. Davon habe man noch nie gehört, ob ich das Gerät schonmal gereinigt hätte. „Nein, natürlich nicht, ich habe es nur ausgepackt.“ Man verlangte, dass ich davon ein paar Fotos mache und an den Kundenberater schicke. Einen Moment später rief man zurück, dass diese Art von Schäden bisher nicht aufgetreten seien und man davon ausgehe, dass ich versucht hätte, das Gerät mit ungeeigneten Reinigungsmitteln (Spiritus) zu reinigen. Das sei ein unzulässiger Eingriff und damit seien auch die Garantieansprüche erloschen. Man könnte mir aber trotzdem einen Techniker vorbeischicken. Das würde mich 335,60 Euro kosten, davon rund 130 Euro Anfahrt, 35 Euro für die Vor-Ort-Reparatur (statt Mitnehmen und Wiederbringen), rund 55 Euro für den Techniker, der hier eine halbe Stunde zu schrauben hat, da für diese Fläche das komplette Laptop zerlegt werden muss. Das Ersatzteil kostet rund 62 Euro und dann kommt noch die Steuer drauf. Ja nee, ist klar.

Selbstverständlich habe ich nichts gereinigt. Ich gehe doch nicht mit Spiritus an einen Computer! Warum auch? Allenfalls würde ich mal mit einem feuchten Lappen was abwischen, wenn es sein müsste. Egal. Ich will mich darüber nicht mehr länger ärgern und war vorhin in einem Computershop in der City und habe dort das gleiche Laptop noch einmal bestellt. Es wird voraussichtlich Mittwoch geliefert, da es nur in deren Lager vorrätig ist, aber nicht im Laden. Ich werde es mir dann genau ansehen, bevor ich es kaufe. Das andere Laptop werde ich danach einer ehemaligen Zimmernachbarin aus dem Krankenhaus schenken, die seit ihrem Unfall unterhalb C6 gelähmt ist (also auch die Hände nicht bewegen kann), für ihren Sturz mit dem Motorrad niemanden haftbar machen kann, kein Geld hat und seit ihrer Entlassung in eine Pflegeeinrichtung das Internet vermisst. Sie wird sich über die schäbige Handauflagefläche nicht stören, wenn sie ein neues Laptop geschenkt bekommt. Ich will das nicht mehr sehen und an dieses Theater nicht mehr erinnert werden. Ich bin echt bedient.

Soll ich noch darauf eingehen, ob mein UMTS-Stick da ist? Ich habe heute nochmal nachgefragt, da ich in meinem Online-Portal schon wieder nichts davon erkennen kann, dass er nun rausgeschickt wurde. Der Anbieter hatte es vergessen und mir am 17.09. versprochen, es nachzuholen. Die Kollegin konnte das nicht tun, da die letzte Bestellung noch nicht in die Rechnung übertragen worden war und man immer nur eine Bestellung zur Zeit abwickeln könne. Fragt sich nur, warum sie mir hoch und heilig versprochen hat, dass das Ding jetzt rausgeschickt worden ist. Hätte ich heute nicht nochmal nachgefragt, würde ich Weihnachten wohl immernoch darauf warten. Heute nun sei der Versand nochmal ausgelöst worden. Mal sehen, was die mir als nächstes erzählen.

6 Gedanken zu „Viel Sand aus der Servicewüste

  1. Lass dich doch nicht so einschüchtern! Pack das Ding in den Karton und schicke es dorthin zurück, wo es hergekommen ist. Fertig! Das ist eine bekannte Masche von einer Firma mit einer Delle im Serviceverständnis!

  2. Das seh ich von der Sache her ähnlich wie mein anonymer Vorposter. Letztlich ist das eine Masche und nichts weiter. Nichts gegen deine Großzügigkeit, ein neues Notebook mal schnell einfach so zu verschenken, aber den Hersteller würde ich damit nicht durchkommen lassen. Niemals. Gerade durch Kunden, die eben diesen "Kein Widerstand"-Weg gehen, weil sie einfach ihre Ruhe haben wollen, konnte diese Servicewüste überhaupt erst zur solchen werden. Solange die Kunden so – sorry – dämlich sind und sich solch eine Unverschämtheit gefallen lassen, wird sich daran auch nichts ändern. Und mal ehrlich: bei dem durchschnittlichen Wert eine Business-Notebook würde das Maß im Normalfall selbst bei dem friedliebendsten Mensch voll sein. In dem Fall frag ich mich also schon "Ey, was ist jetzt eigentlich mit der Jule los?" denn das ist für mich so schlicht wirklich nicht nachvollziehbar.

  3. Ich habe mit denen etliche Telefonate geführt. Dann sollte ein Techniker kommen, dann wieder nicht, dann sollte ich ihn bezahlen, dann wieder nicht, dann vielleicht, dann zur Hälfte, dann ganz, dann pauschal, dann kann das vor Ort getauscht werden, dann muss es mit, dann nur die Handballenauflage, dann das ganze Ding, dann habe ich es verursacht, dann kostet es zusätzlich Geld und am Ende waren es die 335 Euro. Ich brauche Ende der nächsten Woche ein fertig eingerichtes Laptop und ich werde sicherlich nicht ein halbes Jahr lang mit den Arschlöchern diskutieren oder mir erst einen Anwalt suchen, der das für mich tut oder ähnliches. Die haben einmal meine Handynummer und mich bestimmt 8 Mal angerufen für immer neue Versionen. Sollen andere Leute, die volljährig sind und das dicke Fell haben, sich mit denen streiten, ich habe genug andere Dinge zu regeln, als mich mit solchem Kindergarten zu unterhalten. Es war mein Fehler, das Ding nicht im Laden gekauft und vor Ort angesehen zu haben und nun freut sich jemand über ein neues Laptop. Und ich mich nächste Woche hoffentlich auch.

  4. Das hat wenig mit einem "dicken Fell" zu tun. Die wenigsten Leute lassen sich bei solchen Summen bescheißen. Und mal ehrlich: wer es doch tut, der sollte sich dann auch nicht wirklich beschweren. Ich hätte das Ding in der Tat direkt versichert wieder zurückgehen lassen – und ja, ich hätte in der Tat nen heftigen Brief dazu gepackt, in dem ich in der Tat auch sowohl eine Meldung bei der Verbraucherschutzzentrale als auch rechtliche Schritte in Aussicht gestellt hätte. Denn mich… bzw. dich… trifft in dem Fall in der Tat keine Schuld. Du hast beim Oblineversand die gleichen, teilweise sogar mehr Rechte, als wenn du das Ding im Laden kaufst. Und es ist für mich nicht nachvollziehbar, das nicht einzufordern. Das hätte dich ja nicht davon abhalten müssen, dir weil es dringend war, dennoch ein zweites Notebook zu kaufen, was du ja letztlich dann sowieso getan hast. Und es hätte dich ebenso nicht davon abhalten brauchen, eines der Beiden dann letztlich zu verschenken. Aber bei nem nagelneuen Gerät einfach sagen "ach, lasst mich doch in Ruhe" nur weil der Anbieter ohne jegliche Handhabe sagt "Nö, mach ich ned"… das wäre nun eindeutig nichts für mich. Aber ich bin ja auch volljährig 😉

  5. Genauso sehe ich das auch, NewRaven. Du bist volljährig und nicht gerade mal 17. Das Mädel steht seit wenigen Monaten auf eigenen Füßen bzw. Rädern, ist vollkommen auf sich gestellt und macht dafür, wie ich finde, ihre Sache sehr gut. Ich hätte mit gerade mal 17 vermutlich den Telefonhörer an Muddi weitergereicht, weil ich überhaupt keinen Plan gehabt hätte. Das Mädel ist geprägt von einem Gerichtsverfahren, in dem sie zusehen musste, wie eine mutmaßlich Schwerkriminelle mit einer Schramme davon kommt, während sie selbst ihr weiteres Leben im Rollstuhl verbringen muss. Sie ist diesen Leuten, die speziell darauf geschult werden, alle Forderungen abzuwimmeln, nicht gewachsen. Wenn die ihr irgendwas erzählen, kann sie 1000 Mal im Recht sein – sie wird es nicht alleine durchsetzen können. So selbstsicher tritt kein Jugendlicher auf. Ich kann auch gut verstehen, dass sie nach dem Terror (8 Anrufe? Das grenzt ja schon an Nötigung!) versucht, das Problem aus ihrem Leben zu schieben, statt sich einem Streit über 335 Euro auszusetzen. Noch dazu, wenn die Schule sie auf der anderen Seite unter Druck setzt, dass sie ihr Problem bis nächste Woche gelöst haben muss.

    Ich halte es für falsch, ihr auch von hier aus noch ein Versagen vorzuwerfen. Das ist nicht gut, von wirklich allen Seiten solchen Druck aufzubauen. Es gibt andere Wege, das Problem zu lösen, ja. Geschmeidigere und vor allem welche, bei denen man nicht vor solchen Arschlöchern einknickt. Vor allem mit Blick darauf, wie Du schon ausführtest, dass jeder vermeintliche Sieg die Position dieser Arschlöcher stärkt.

    Ich würde so auch nicht reagieren, schon gar nicht bei der Summe. Ich hätte das auch einfach zurückgeschickt und mich gar nicht erst mit denen abgesabbelt. Wenn dann dumme Antworten kommen, wäre die Sache beim Anwalt. Auch wenn ich dem dann 335 Euro bezahlen müsste, damit die anderen 335 Euro fallen gelassen werden.

    Schon Konfuzius sagte, dass der Mensch drei Wege hat, um klug zu handeln. Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste; zweitens durch Nachahmen, das ist der einfachste; drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.

    Da ihr bis eben die Wege drei und vermutlich auch zwei nicht eröffnet waren, blieb ihr nur der erste Weg. Und ich finde, den hat sie, auch wenn es taktisch noch anspruchsvollere Wege gibt, dennoch -mit Blick auf Alter und Schwierigkeitsgrad- gut beschritten. Insbesondere ihre Großzügigkeit gegenüber einem Menschen, dem es schlechter geht, rechne ich ihr hoch an. Ich denke außerdem, dass sie es sich leisten kann – vor allem, wenn sie einen Laptop ohnehin noch bezahlt bekommt.

    Letztlich, um die aus dieser Sache gemachte Erfahrung abzurunden, wäre es vielleicht besser, liebe Socke, sich nächstes Mal noch 24 Stunden mehr Zeit zu nehmen und noch einmal in dem Board, das Dir bereits die anderen Ratschläge gegeben hat, nachzufragen.

  6. Gerade wenn die Firma sowas möglicherweise öfters versucht, wird sie schon noch an die falschen geraten und den nötigen Widerstand bekommen. Aus Erfahrung: pensionierte Juristen (erfahren, haben Zeit, müssen für recherchen und Aufwand keinem was zahlen) und eengagierte Jura-Studenten (wollen mal den ersten eigenen Praxis-Fall lösen) können solche Läden schon ein bisschen sehr ärgern. Im ersten Fall gab es ein intaltes Gerät sozusagen gegen "ihr kriegt eure Ruhe"-Zusage für die Hälfte, im zweiten Fall bekam der für die Fallabwikclung zuständige Mitarbeiter beim Versender die Chance zur beruflichen Neuorientierung und der Student ein deutlich höherwertiges Gerät zum selben Preis.

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