Vermisst mich schon jemand? Ich jedenfalls vermisse mein Zuhause. Ganz dringend. Leider ist nach wie vor noch kein Entlassungs- oder Verlegungstermin in Sicht. Ich habe schon etliche Male beim Stationsarzt angemeldet, dass ich gerne so schnell wie möglich entlassen oder nach Hamburg verlegt werden möchte, der wollte auch schonmal den Oberarzt fragen, der hat dem Oberarzt angeblich auch meine Krankenakte mit einem entsprechenden Vermerk ins Fach gelegt, der wollte heute auch nochmal nachfragen, aber ich habe immernoch keine Rückmeldung. Erst wenn der Oberarzt zustimmt, wird auch der Chefarzt zustimmen und mich entlassen oder wenigstens verlegen.
Ich meine durchaus, dass ich zumindest verlegt werden könnte. Wahrscheinlich muss man aber die Kosten auch sehr genau anschauen. Die Verlegung wäre teuer und das Krankenhaus hier ist nicht voll ausgelastet, profitiert also davon, mich lange drin zu behalten (ich bin ja keine Fallpauschale, da Unfallversicherung). Es ist nicht mehr schön.
Schön ist aber, dass Ekel-Gabi in ein Einzelzimmer verlegt worden ist am letzten Montag und das zweite Bett in meinem Zimmer seitdem mit einer Plastikfolie abgedeckt leer steht. So kann ich zu jeder Tages- und Nachtzeit fernsehen, computern, Musik hören, mastu… äh telefonieren, Selbstgespräche führen, Gummibärchen aus knisternden Tüten im Nachtschrank oder Schokoladenkekse im Bett essen – und alles das tun, was man sonst so im Bett tun kann oder tun muss, wenn man nicht aufstehen darf, ohne dass jemand davon genervt ist oder dabei zuschaut.
Lena darf leider nicht zu mir verlegt werden, weil ihre Zimmernachbarin dann alleine wäre und das soll sie nicht sein. Man hat wohl Angst, die könnte sich irgendwas antun? Keine Ahnung. Manche Leute drehen hier ganz schön am Rad, auch wenn sie nicht im Rollstuhl sitzen.
Worüber ich mich außerdem sehr gefreut habe: Cathleen, Simone, Sofie, Lina, Liam, Frank und Jana haben mich am letzten Wochenende unangekündigt besucht. Endlich war um mich herum wieder die Stimmung, die ich seit Wochen so vermisse! Ekel-Gabi hat gleich völlig verstört das Weite gesucht und hier im Zimmer ging so richtig die Post ab. Angefangen mit einer lebhaften Story über 6 Rollstühle im ICE (der in der neuesten Generation nur noch einen Rollstuhlplatz hat) haben wir uns über drei Stunden köstlich über alles mögliche amüsiert („Das ist also Ekel-Gabi – war sie heute schon kacken?“). Lina kann den sächsischen Dialekt perfekt nachmachen und als Liam sich auch noch in meinen Rollstuhl gesetzt hat und der Pfleger dachte, er wäre ein Patient von der Nachbarstation und ihn fragte, ob ihm sein Mittag geschmeckt hat und Liam auch noch ernsthaft auf diese Fragen geantwortet hat, war der Tag gerettet.
Leider mussten sie viel zu schnell wieder nach Hause. Aber es war toll.
6 Gedanken zu „Ganz allein und viel Besuch“
Ja, ich habe deine Einträge vermisst. Weil ich jeden Tag danach sehe und mich interessiert, wie es dir geht.
Schön, dass du diese Gabi los hast! Ich drück dir die Daumen, dass du ganz bald aus dieser Klinik raus kommst – möglichst nach Hause!
Liebe Grüße
Ricarda
Das war super! Hoffentlich bist du bald wieder zurück!
Schön, dass die Ekel-Gabi weg ist. Ich stelle mir gerade ein Bild vor, wie eine Stinkesocke in ihrem mit Schokokrümeln vollgekleckerten Bett zwischen ein paar Gummibärchen liegt, aus den Lautsprechern ihres iPhones gerade der neueste Rap räppt, eine Hand im Schritt äh am Telefon, sich selbst anrufend – und aus dem Fernseher an der Wand richtet Richterin Barbara Salesch gerade über Menschen, die ihren Neidern mit einem heißen Bügeleisen hinterher laufen.
Sag mal, wenn Du gar nicht aufstehen darfst, was sagen denn Deine Muskeln dazu? Die werden doch irgendwann immer schlaffer, oder? Außerdem würde ich mich nach Wochen nach nichts mehr sehnen, als meine Geschäfte wieder auf einem normalen Klo machen zu dürfen anstatt immer auf diesen blöden Bettpfannen. Dusche und Badewanne wären bei mir außerdem hoch im Kurs.
Ich beneide Dich nicht und drücke beide Daumen, dass das bald ein Ende hat und Du wieder zu Hause bist!
Nö, Dich vermisst hier keiner. Die Lehrer, die Deinen Behindertenparkplatz benutzen, nicht, der Fahrstuhlreparaturdienst der Hochbahn auch nicht, und erst recht nicht Deine Sportgruppe, die Du immer ausbremst… 😀
Nä, Quatsch, nur Spaß…
Aber ab sofort hab ich noch mehr Respekt vor Dir! Du kannst wirklich in einem Krankenhaus ma… äh – telefonieren??? Wow! Mich würde das Ambiente dort ja nicht gerade anregen zu… hmm… langen Gesprächen. Naja, immerhin ist es bei Dir noch nicht sooo weit gekommen, dass Du Dir denkst, dass Du zuhause bist (obwohl ich mir durchaus vorstellen kann, dass es Dir langsam fast so vorkommt, als wärst Du Dein halbes Leben im Krankenhaus aufgewachsen).
Ich drück die Daumen, dass Du da bald wieder raus darfst.
Kannst Du Dir mal bitte kurz ein Liedchen von Freddy Quinn vorstellen? Mir ist gerade nach Gesang zumute:
Jule, komm' bald wieder
bald wieder nach Haus
Jule, fahr' nie wieder
nie wieder hinaus…
@Hans: Ich bekomme Krankengymnastik, damit sich die ganzen Muskeln nicht abbauen. Aber das kann natürlich nur einiges kompensieren, vieles muss ich danach wohl wieder aufarbeiten. Und "Bettpfanne" ist leider nicht möglich, da die viel zu hart ist und ich mir sofort Druckstellen holen würde. Stattdessen muss ich mich alle vier bis sechs Stunden kathetern und gekackt wird in Seitenlage auf eine Zellstoffunterlage.
@BigDigger: Ich gebe zu, entspannt geht anders. Es wird ja Männern nachgesagt, dass sie irgendwann so viel Druck haben, dass sie diesen einfach mal los werden müssen. So ähnlich ist das bei mir auch. Mit jedem Tag steigt mein Bedürfnis, es zu tun, und nach einigen Wochen siegt dann die Unvernunft! Aber schon so, dass es niemand mitbekommt – außer mir und meinen Lesern…
Also eines nein eigentlich zwei Sachen muss ich hier doch mal klar stellen: 1. In Halle wird nicht sächsisch sondern sachsen-anhaltinisch gesprochen. 2. Nicht allen Bewohner der beiden Bundesländer sind solche Assis wie du sie erlebt hast.