Trainings-Camp Hamburg

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Endlich darf ich wieder richtig trainieren. Und endlich gibt es dafür auch wieder die richtigen Möglichkeiten. Am letzten Wochenende hat mein Verein endlich mal wieder ein Trainingslager veranstaltet. Und zwar, völlig unüblich, direkt in Hamburg. Allerdings mit der Bedingung, dass nur Leute teilnehmen dürfen, die die gesamte Zeit dort bleiben. Also das, was man sonst dadurch erreichen will, dass man weiter weg fährt, hat man dieses Mal durch eine freiwillige Verpflichtung aller Teilnehmer erreicht und auch gleich mit den entsprechenden Konsequenzen gedroht, falls jemand doch meint, mal schnell nach Hause zum Computerspielen fahren zu müssen: Wer einmal wegfährt, darf zwar gerne wiederkommen, fliegt aber zwischendurch aus dem Trainingsprogramm. Es hat gefruchtet.

Das Trainings-Camp war bis auf den letzten Platz ausgebucht: Cathleen, Kristina, Merle, Nadine, Simone, Yvonne und ich bei den Mädels. Und, man glaubt es kaum, Lisa. Die Eltern, die gerade mit ihr auf Fehmarn Urlaub machen, haben sie extra nach Hamburg gefahren, um ihrer inzwischen 15-jährigen Tochter ein Trainingswochenende zu bieten, und sie war natürlich stolz wie Oskar, bei den „älteren“ mitmachen zu dürfen. Tatjana und Anna haben das Camp geleitet. Und wir waren von vornherein vorgewarnt worden: Es gibt keine Vollverpflegung, keine festen Betten, nicht mal eine vernünftige Dusche. Dafür aber ganz viel Spaß in einem Mega-Zelt an jenem Baggersee, an dem ich auch in den letzten Wochen regelmäßig geschwommen bin, da allerdings privat. Für das Zelten und die nächtlichen Trainingsfahrten mit den Rennrollstühlen bzw. Handbikes auf der Fahrbahn brauchte mein Verein eine Ausnahmegenehmigung. Und sowas braucht wiederum Zeit.

Am Freitagnachmittag ging es los. In einer von den übrigen Badegästen eher abgeschirmten Ecke auf der anderen Seite des Sees (also nicht an dem Badestrand, wo wir bisher immer waren) durften wir unser Zelt aufbauen. Und dann ging es als erstes ins Wasser. Es gab einen Steg, über den man mit den Rollstühlen an das an dieser Stelle tiefe Wasser heranfahren konnte. Mit einem Transfer über den Boden ging es ab in das 25 Grad warme Wasser. Nach einigen hundert Metern Aufwärmen sollten wir den windgeschützten Bereich verlassen und auf den offenen See hinausschwimmen. Es war ziemlich windig und in erster Linie ging es darum, mit Wind und Wellen zurecht zu kommen, auch wenn die Beine zum Schwimmen nicht zur Verfügung stehen. Tatjana saß in einem Begleitboot. Es ist schon wichtig, in einem Wettkampf zu wissen, wie man ein Ziel anschwimmt, wenn es Wind und Wellen gibt.

Mit den Wellen hatten die wenigsten Leute Probleme, man muss natürlich ein bißchen aufpassen, dass man auf der richtigen Seite einatmet und nicht den halben See leertrinkt. Aber eine vor dem Training ausgesetzte rote Miniboje über 1500 Meter auf möglichst direktem Weg anzuschwimmen, überforderte einige Teilnehmer besonders. Der entscheidende Tipp kam von Tatjana: Man müsse einen Zielpunkt am See-Ufer fixieren, der in einem bestimmten Abstand gegen die Windrichtung hinter der Boje war. Mit dem Tipp klappte es auch bei denjenigen, die das vorher nicht hingekriegt hatten.

Zum Glück waren sowohl Wasser als auch Luft, obwohl es merklich abgekühlt war, so warm, dass man auch nach dem Schwimmen und auch im Zelt nicht fror. Die Jungs waren auf der Straße unterwegs und kamen gerade wieder. Als die ihr Erfrischungsbad genommen hatten, wurde der Grill aufgestellt. Sogar der Chef von unserer Sportabteilung, seine Freundin und noch eine Freundin kamen vorbei, brachten Fleisch und Würstchen und Getränke mit. Wir setzten uns auf einige Wolldecken auf den Rasen. Es war total nett.

Da es lange hell war, konnten wir auch noch einige Spiele spielen. Am besten war „Privacy“, darauf fuhr Lisa besonders ab. Der Reihe nach liest einer eine Aussage von einer Karte vor. Beispielsweise: „Ich habe schon einmal Geld gestohlen.“ Dann stellt jeder Spieler auf einem Rädchen ein, was er glaubt, wieviele Leute aus dieser Runde schon einmal Geld gestohlen haben. Anschließend geht ein Beutel rum, in den jeder Spieler verdeckt ein Steinchen wirft. Einen schwarzen Stein, wenn er der Aussage zustimmt, einen roten, wenn nicht. So weiß man hinterher anonym, wieviele Leute schon einmal Geld gestohlen haben. Oder eben nicht anonym, wenn „keiner“ oder „alle“ rauskommt.

Ich gebe zu, das Spiel hat mich interessiert. Obwohl es eher Teeny-Niveau hat. Fasziniert hat es hingegen Lisa. Und mich wiederum hat Lisas Faszination an diesem Spiel fasziniert. Mit den richtigen Leuten wird es super lustig. Viele Fragen gehen selbstverständlich unter die Gürtellinie. Erschreckt hat mich, dass etwa die Hälfte schonmal ernsthaft über Suizid nachgedacht hat. Dass alle zugeben, sie sagen manchmal die Unwahrheit, weil es bequemer ist, ist einerseits zwar ehrenwert, lässt andererseits aber hoffen, dass diejenigen wenigstens in diesem Spiel anonym die Wahrheit in den Beutel werfen. Und wer hätte gedacht, dass jeder schonmal ein heftiges Gerücht in die Welt gesetzt hat und alle sich zumindest hin und wieder selbst befriedigen?

Viele erstaunte Fragen hat sich Lisa vermutlich mit ihrem Alter selbst beantwortet, aber bei der Frage nach dem Sex auf dem Küchentisch konnte sie nicht mehr an sich halten: „Warum geht man dafür dann nicht ins Bett? Das ist doch viel zu unbequem!“


Nach einem wunderschönen Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch kam die erste Nacht mit zwanzig Leuten in einem großen Zelt. Es war recht lustig. Während die Jungs nicht genug Platz um sich herum bekommen konnten, steckten Simone und Cathleen ihre Schlafsäcke am Reißverschluss zusammen und wärmten sich gegenseitig. Ich hatte irgendwann einen Arm von Merle auf dem Bauch – zum Glück hat keiner geschnarcht. Der Trainer von den Jungs weckte uns morgens um 7.30 Uhr am Samstag mit einer Druckgas-Hupe, also so etwas, was man auch ins Stadion mitnimmt. Er meinte, er fährt jetzt Brötchen holen und wenn er wiederkommt, möchte er alle Leute frisch gebadet und mit geputzten Zähnen auf dem Rasen sitzen sehen. Auf dem Programm stehe Straßentraining auf dem Deich, bei den Mädels im Rennrollstuhl, bei den Jungs mit dem Handbike.

Da es an dem See nur in einem Bootshaus ein nicht gerade rollstuhlgerechtes WC in einem viereckigen Raum gab, ohne Waschbecken und ohne Licht (ein bißchen Licht kam durch die Lüftungsschlitze in der Wand, aber wer mehr Licht brauchte, musste entweder eine Taschenlampe mitnehmen oder die Tür offen lassen und eine zweite Person als Wache mitnehmen), gab es eine gemeinsame (und das wird die Fetischisten hier mal wieder freuen) morgendliche Gruppenpinkeleinheit. Die Kathetermäuse hatten allesamt Katheter mit Beutel dabei, so dass sie auf den Isomatten sitzend / liegend kathetern konnten, diejenigen, die „normal“ oder durch Beklopfen der Blase etc. pinkeln konnten, verbanden ihr vom Trainer auferlegtes Vollbad im See gleich mit dem Toilettengang. Während ich mich sonst immer bemüht habe, das möglichst so zu machen, dass das keiner mitbekommt, lief es diesmal im wahrsten Sinne des Wortes anders.

Wir krabbelten nicht über den Steg, sondern über den Strand ins Wasser, setzten uns im Kreis in das flache Wasser, fassten uns an den Händen und hatten jede Menge Spaß. Wir waren so albern und ausgelassen, dass einige Frühschwimmer-Omas, die sich dort parallel trafen, nur die Köpfe schüttelten. Natürlich wussten sie nicht, was wir da machten, sonst hätten sie vermutlich noch ihren morgendlichen Schwimmtermin kurzfristig gecancelt. Ich bin sonst morgens selten gut gelaunt (sondern eher neutral bis muffelig), aber die Aktion war ein guter Start in den Tag. Die Kathetermäuse kamen inzwischen hinterher gekrabbelt und setzten sich zu uns in die Runde, und als wir dann noch mit fast 20 Leuten gemeinsam im Wasser sitzend Zähne putzten (selbstverständlich mit biologisch abbaubarer Öko-Bio-Algen-Zahncreme, die wie schonmal ausgekotzt schmeckte), war die Stimmung perfekt.

Nach dem gemeinsamen Frühstück folgte unsere Trainingsroute über die Deiche, die zwar nur etwa 20 km lang war, wir sollten allerdings ständig wieder anhalten und bestimmte Dinge üben. Wie zum Beispiel zügiges und effektives Anfahren. Ich bekam auch noch einen guten Tipp, nämlich mitunter sogar in den ersten paar (halben) Zügen am Greifreifen wechselseitig einzusetzen und den Geradeauslauf des Rennrollstuhls auszunutzen und damit mehr Ruhe und damit mehr Effektivität in das Anfahren zu bekommen. Einige Strecken waren sehr kurvenreich, das war auch eine sehr gute Übung, denn die Rennrollstühle sind ja eher für Geradeausfahrt gebaut. Man kann eine Kurvenvorgabe einstellen, wenn man auf einer 400-Meter-Bahn unterwegs ist, und braucht dann im richtigen Moment nur einen Hebel umlegen, aber ansonsten darf man sich eben nicht verschätzen. Lisa war mehrmals kurz davor, nach einer Kurve seitwärts den Deich hochzufahren. Verbunden damit, dass es Leute gibt, die eine achter Rollstuhl-Gruppe, die vorher mit rund 30 bis 40 km/h vor einem hergefahren ist und die nach hinten extra mit einem Begleitfahrzeug abgesichert wird, in einer langgezogenen Rechtskurve überholen müssen, war es schon gut, dass Tatjana „angeordnet“ hatte, dass Nadine immer links neben Lisa fährt, also praktisch auf der Auto-Seite.


Nach dem Mittagessen mussten wir trainieren, wie man nach dem Schwimmen möglichst günstig in den Rollstuhl umsteigt. Es gibt beim Rollstuhl-Triathlon eine Besonderheit: Während beim Fußgänger-Triathlon festgelegt ist, dass nach dem Schwimmen zwingend das Radfahren kommt und dann das Laufen, darf sich der Rollstuhlfahrer aussuchen, ober er nach dem Schwimmen erst die Handbike-Strecke (=Radfahren) oder erst die Rennrolli-Strecke (=Laufen) fährt. Das kann, besonders dann, wenn eine Strecke mehrmals durchfahren wird, Vorteile haben, weil man als Handbiker zwar auch auf bis zu 50, bergab sogar bis zu 70 km/h kommen kann, jedoch die Grundgeschwindigkeit langsamer ist als mit dem Rennrad; mit dem Rennrolli ist man aber deutlich schneller als die Läufer. Damit man sich nicht ständig in die Quere kommt, muss man sich vorher taktisch gut überlegen, was man will.

Wir mussten nun den Wechsel vom Wasser zum Rennrolli und vom Rennrolli zum Handbike üben. Und zwar bis zur Verzweiflung. Da am See-Ufer nicht Dutzende oder gar Hunderte Rollstühle greifbar abgestellt werden können, dürfen sich die Rollifahrer zum Transfer einer Hilfsperson bedienen, die einen entweder tragen darf oder mit einem extra dafür abgestellten Rollstuhl aus dem Wasser zieht. Das ist also nicht die Schwierigkeit. Die Schwierigkeit ist vielmehr, den Neoprenanzug möglichst schnell auf dem Boden liegend auszuziehen, ohne dass man Kontrolle über seine Beine und seinen Unterleib hat. Wir hatten ausrangierte Schrott-Neos, mit denen wir üben durften. Bei mir klappte das recht gut, außer dass ich hinterher aussah wie ein paniertes Schnitzel, durch das Wälzen im Sand. Und es war unheimlich heiß, normalerweise würde man bei diesen Temperaturen niemals im Neo starten.

Eine Schar von Leuten beobachtete unser Treiben und es gab doch immer wieder Leute, die helfen wollten, gafften, im Weg standen, die unsere Trainer anmachten, warum sie uns denn nicht helfen würden oder die plötzlich auf einen zugestürmt kamen und Hand ungefragt anlegten. Und teilweise musste man diese Hilfe sogar noch energisch ablehnen, was diejenigen dann gar nicht verstehen konnten und richtig sauer machte. Zusammengefasst: Man konnte uns nicht einfach mal in Ruhe lassen.

Am Abend waren die Jungs mit Schwimmen dran, während wir mit den Handbikes auf dem Deich unterwegs waren. Da es am nächsten Morgen kräftig schüttete, bekamen wir in unserem Zelt die Theorie-Einheit verpasst. Wie man seine Kräfte einteilt, wie man den Windschatten findet und worauf man achten muss, wenn man in diesem fahren will, woran man erkennt, dass man unterzuckert, dehydriert, was man bei Seitenstichen oder bei zu vielen Spasmen tut – und so weiter, und so fort. Es war sehr spannend.

Und mittags, als krönenden Abschluss sozusagen, war, wie könnte es anders sein, ein kompletter Triathlon auf dem Trainingsprogramm. „Komplett“ im Sinne von „alle 3 Disziplinen mit Transfer und Zeitnahme“ und nicht im Sinne von „die volle Strecke“ – das wäre nach einem Trainingswochenende wohl nicht besonders sinnvoll. Es gab kein Begleitfahrzeug, dafür aber eine offizielle Beschilderung auf der Deichstraße, die den Autofahrern Tempo 30 und erhöhte Achtsamkeit wegen einer „Sportveranstaltung“ aufdrückte. Die Genehmigung sei kostenlos gewesen, aber alleine das Auf- und Abbauen der Schilder durch eine Fachfirma (alleine darf man das nicht) habe rund 500 Euro gekostet. Von Vorteil war, dass auch ein anderer Triathlon-Verein mit Fußgängern das mitnutzte und sich an den Kosten beteiligte (und quasi mit uns an den Start ging), von Nachteil war eindeutig, dass Autofahrer, die einen (Renn-) Rollifahrer auf der Straße sehen, völlig überfordert sind.

Es ist nicht anders, als wenn sie ein Fahrrad überholen, aber teilweise überholen sie, scheren vor einem ein und bremsen abrupt, um zu fragen, ob man Hilfe bräuchte oder sich verirrt hätte. Oder sie drehen im Vorbeifahren die Scheibe runter und wollen mit einem ins Gespräch kommen. Oder sie rufen gleich die Polizei. Kein Scherz! Tatsächlich kam zwischendurch die „Deichpolizei“, wie unser Trainer sie nannte, ein dickbäuchiger älterer Herr, der alleine mit einem E-Klasse-Kombi mit zwei blauen Lampen auf dem Dach vorbeigeeiert kam und sich von unserem Trainer erstmal erklären ließ, was so ein Sportrollstuhl kostet. Er meinte, es hätten sich einige Autofahrer gemeldet, die meinten, da seien Behinderte auf der Straße unterwegs und das sei ja gefährlich. Aber der Typ wollte nicht mal die Ausnahmegenehmigung sehen, sondern sagte gleich, er habe uns schon unterwegs gesehen und es sei ja alles super und er wünsche uns viel Spaß und gutes Gelingen und er wollte nur mal „Guten Tag“ sagen und würde jetzt seine Tochter vom Reiten abholen. Na dann…

Aber das alles bekam ich hinterher nur erzählt. Ich selbst wollte zwar zweitranging eine gute Zeit erreichen, aber in erster Linie überhaupt einmal so ein komplettes Ding durchlaufen. Ich hielt mich an Cathleen, Simone schloss sich auch an. Die beiden haben schon an Wettkämpfen teilgenommen. So waren wir quasi in einem Dreierteam unterwegs. Lisa bekam exklusive Begleitung von Tatjana auf dem Fahrrad.

Die Strecke durch den See war heftig, auch ohne Neo. Wir sind knapp 18 Minuten geschwommen, mussten bei Gegenwind fast einmal quer durch den ganzen See. Da wir alle drei sehr leicht sind, schmiss uns der Trainer am Ende über seine Schulter und trug uns aus dem Wasser in den Rennrolli. Das waren einige Meter Fußweg, da wir nicht auf der Wiese oder im Sand starten konnten, sondern erst auf der befestigten Straße. Dutzende Schaulustige standen um die Stühle herum und hinderten uns daran, loszufahren. „Darf ich da mal durch? Könnten Sie bitte mal Platz machen?“ Ätzend!

Dann kam uns noch ein Auto auf der schmalen Zufahrt zum See entgegen. Wir können mit den Rollstühlen nicht über das Gras fahren. Die Gefahr, umzukippen oder stecken zu bleiben, ist zu groß. Der Typ schaffte es nicht, die 10 Meter im Rückwärtsgang zur Hauptstraße zurück zu fahren. Stattdessen zuckte er mit den Schultern und erwartete von uns, dass wir die 500 Meter zum Startpunkt zurückfuhren. Der andere Trainer von den Jungs sah das aber und kam angelaufen, hob einen nach dem anderen vorne hoch und zog uns über den seitlich abschüssigen Rasen an dem Auto vorbei. Durch diesen Zirkus haben wir mindestens 3 Minuten Zeit verloren.

Die Fahrt verlief von den paar beknackten Autofahrern (siehe oben) mal abgesehen, sehr gut. Anfangs hätte ich noch wesentlich mehr Kraft gehabt, wollte aber mit Cathleen und Simone zusammen bleiben. Am Ende stellte sich raus, dass das sehr gut war, denn zum Ende hin kam ich an meine Grenzen. Allerdings darf man auch nicht vergessen, wie lange ich flach gelegen habe zwischendurch.

Als wir auf die Zufahrtsstraße einbogen, stellten die Trainer gerade unsere Handbikes bereit. Einer nach dem anderen wurde geschnappt und umgesetzt. Man kann das natürlich auch selbst machen, nur dauert das dann fünf Minuten länger. Dann heizten wir los. Mit den Handbikes ist man natürlich erheblich wendiger und schneller und es ist insgesamt weniger anstrengend.

Am Ende durften wir zur Abkühlung als Ersatz für die Dusche danach noch eine Runde im See baden. Dann wurde nochmal alles besprochen, Zelte abgebaut, alles verladen und dann: Ab nach Hause. Ich freute mich auf die saubere Dusche zu Hause, denn ich kam mir vor, als wenn ich inzwischen nur noch nach Algenwasser roch. Ich bin schön braun geworden am Wochenende, hatte jede Menge Spaß mit meinen Leuten und – wann ist das nächste Trainings-Camp?

Nachtrag

Nur, um die Unterschiede zwischen einem Handbike (Speedbike) und einem Rennrolli rauszustellen, erkläre ich das nochmal anhand zweier Fotos. Das Handbike ist die Antwort auf das Fahrrad, das ganze Ding wird über eine Kurbel und eine Kette angetrieben, wie beim Fahrrad, nur dass die Kurbel nicht mit den Füßen, sondern mit den Händen bedient wird und der Fahrer liegt statt auf einem Sattel zu sitzen. Es gibt auch noch eine Version, bei der man sitzt oder kniet, die meisten Profis liegen aber, alleine schon wegen des Luftwiderstandes.


Der Rennrolli ist ein Rollstuhl, mit dem man schnell fahren kann. Er wird, wie ein herkömmlicher Alltagsrollstuhl, über Greifreifen angetrieben, hat jedoch nur drei Räder (dafür ein großes vorne) und man kniet nicht, sondern man sitzt in einem Gurt und winkelt anschließend die Beine so an, dass die Füße unter dem Sitz sind. Sonst könnte man darin wohl keine drei Minuten sitzen.

Blanker Egoismus

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Unsere WG hat seit heute zwei Leute weniger. Lina und Liam sind ausgezogen, nachdem sie kurzfristig ihre Beziehung als beendet erklärt haben. Die Trennung kam innerhalb von drei Stunden. Davor waren sie über 2 Jahre zusammen.

Liam sagt, er hätte gerne Sex mit einer anderen. Lina war nicht einverstanden. „Wollen wir uns dann lieber trennen?“ – „Ja.“ So ungefähr ist das abgelaufen. Kein Streit, keine Tränen.

Anfangs wollte er in der WG wohnen bleiben, erstmal alleine, später sollte dann diese oder eine andere neue Flamme nachträglich einziehen, zum Glück hat Liam uns gebeten, darüber abzustimmen, ob wir damit einverstanden wären. Das Ergebnis war nämlich sehr eindeutig: 100% Nein.

Mit Lina habe ich mich meistens sehr gut verstanden, mit Liam anfangs auch. In den letzten Monaten wurde es jedoch immer schwieriger. Schwieriger, ihn zu ertragen, und schwieriger, ihm etwas zu sagen. Vielleicht bewirkt es ja was, hier darüber zu schreiben. Das zentrale Problem war und ist sein Egoismus. Es ist ja nicht so, dass er sich nicht um andere kümmert. Im Gegenteil, wenn man ihn bittet, hilft er auch.

Aber Zurückhaltung und Bescheidenheit sind für ihn zwei Fremdwörter. Auch kann er sich nicht in die Bedürfnisse und Gefühle anderer Menschen hineinversetzen. Teilweise kann er sie noch nicht mal nachvollziehen. Für ihn gilt, was irgendwo geschrieben wird. Was er aber nicht gelten lässt, ist, dass es auch „ungeschriebene Gesetze“ gibt. Obwohl meine Eltern heute komisch sind, haben sie mir beigebracht: Wenn sechs Leute an einem Tisch sitzen und aus der Schüssel mit Eis auf dem Tisch kann man 12 Portiönchen rauskratzen, bekommt jeder zwei Portionen. Auch wenn jeder gerne drei oder vier hätte, jeder bekommt zwei.

Bei Liam ist es so: Er greift als erster nach der Schüssel, notfalls mit List und Tücke oder nimmt sie anderen aus der Hand, füllt sich sechs Portionen auf, wartet ab, ob jemand was sagt und antwortet dann: „Oh, war wohl etwas viel. Tschuldigung. Hihihi.“ Neulich hat Cathleen zum Grillen eingeladen. Alle aus der WG plus ein paar ihrer Freundinnen aus Schule und Sport. Hatte für abends noch eine DVD ausgeliehen und Knabberkram und Gummibärchen besorgt. Die standen in der Küche, bereits in Schüsseln umgefüllt. Das darf man halt nicht machen, wenn Liam in der Nähe ist, sonst nimmt er nämlich die Schüsseln, in denen das drin ist, was er am liebsten mag, schonmal mit in sein Zimmer. Und es ihm eben nicht peinlich. „Ist doch genug für alle da“, wäre ein passender Kommentar.

Wenn man sich mit ihm verabreden wollte, wollte er sich grundsätzlich alles bis zum letzten Moment offen halten. Niemand wusste, was Phase ist. Alle anderen haben sich irgendwann entschieden und festgelegt, er nicht. Liam erwartete, dass alle anderen entsprechend flexibel sind, damit er sich ganz zum Schluss das für sich beste heraussuchen konnte. Irgendwann sind wir innerhalb der WG dann dazu übergegangen, ihn nicht mehr zu fragen und ihn nur noch einzubeziehen, wenn tatsächlich noch ein Platz (z.B. im Auto) frei ist.

Ich finde es sehr erschreckend, dass man so eine Beziehung nach zwei Jahren plötzlich so beendet. Aber wenn man eben das Bedürfnis hat, jemand anderen zu ficken, sollte man vorher klare Verhältnisse schaffen. Bis gestern sind wir alle zwar noch davon ausgegangen, dass die beiden glücklich miteinander sind, aber … egal. Ich glaube, ich möchte mich nicht weiter mit diesen Gedanken beschäftigen.

Virtuell und real: Ein kleiner Vergleich

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Wenn ich mir meine Kommentare und meine Mails mal so durchlese, darf ich selbstbewusst (und ohne den Anlass eines „runden“ Postings) zusammenfassen: Einigen meiner Leser imponiert mein Umgang mit meiner Behinderung. Andere begeistert meine Reife. Wieder andere lieben meinen Schreibstil, noch andere sind von meinem Urin fasziniert, sobald er nicht ins Klo läuft. Diese breite Mischung wurde, als ich noch nachts gechattet habe, noch ergänzt von den Träumen einiger sehr netter Jungs, die gerne mal mit mir fi***n wollten. Sogar auf dem Küchentisch. Ob ich das gerne getan hätte oder nicht, spielt, glaube ich, keine Rolle. Ich fand die (seriös geführten) Chats darüber durchaus reizvoll. Es kam real jedoch nicht dazu. Ich spreche von einer virtuellen Welt. In der virtuellen Welt kennen mich meine Leser (bis auf die wenigen aus meinem realen Leben, die wissen, dass ich blogge) nur so, wie ich mich selbst sehe und beschreibe. Ich versuche, mich vollständig und ehrlich zu beschreiben. Selbstverständlich kann man aus dem Geschriebenen sehr viel ableiten. Selbstverständlich kann man sehr viel zwischen den Zeilen lesen. Vielleicht lernt man einen Menschen durch sein Geschriebenes sogar besser kennen als wenn man ihn „live“ erlebt.

Dennoch habe ich heute versucht, für mich festzuhalten und zu benennen, wie meine realen Freunde mich sehen. Die meisten von ihnen haben selbst eine (ähnliche) Behinderung. Viele von ihnen sitzen selbst im Rollstuhl. Oder kennen viele Leute, die im Rollstuhl sitzen. Imponiert diesen Freunden mein Umgang mit meiner Behinderung auch? Ich denke: Ja. Sehr oft bekomme ich mit, wie sie mich loben, direkt oder indirekt, und dass sie mit mir zufrieden sind. Ich fühle mich gut integriert, habe den richtigen Rollstuhl, komme den Bordstein hoch, die Rolltreppe rauf und runter, kann schwimmen, kann über mich lachen, wenn ich mich mal wieder behinderter anstelle, als ich eigentlich bin – ich glaube, eine derartige Behindi-Prüfung würde ich auf Anhieb bestehen.

Allerdings sind meine realen Freunde nur höchstens halb so begeistert von meiner oft und gerade in Mails gelobten Reife. Viele meiner unmittelbaren Freunde sind erheblich fitter als ich. Oft komme ich mir dumm vor, fühle mich ungebildet, habe keine Ahnung, worüber sie sprechen. Ob etwas so sein darf, wie es ist, ob etwas ein absolutes No-Go ist und warum, kann ich oft nicht richtig beurteilen. Wenn ich beispielsweise mit Sofie durch die Stadt fahre, macht sie mich auf Dinge aufmerksam, die mir überhaupt nicht aufgefallen wären. Das kann ein Druckfehler in einem Schild sein, wie der Rollstuhl im Bus aufzustellen ist, das kann eine mahnende Ansprache sein, dass man meine Worte auch anders (nämlich auf unverschämte Art und Weise) verstehen könnte. Ich fühle mich oft überfordert und unreif. Nicht, dass ich darunter leide, denn meine Freunde gehen nicht besserwisserisch mit mir um. Zum Glück. Aber ich fühle, dass ich noch ganz, ganz viel lernen muss.

Bliebe da noch mein Schreibstil. Deutsch 14 Punkte. Bekommt man nicht, wenn man nicht schreiben kann. Oder nur sehr schwer. Glaube ich. Egal. Mich freut, wenn er virtuell gefällt. Wenn ich gerne gelesen werde, schreibt es sich einfacher.

Und mein Urin? Ich überlege gerade ernsthaft, ob es auch in meinem realen Leben Fetischisten in meinem Umfeld gibt. Auch wenn ich noch so lange überlege, ich glaube, aktuell gibt es keinen. Nun, ich weiß nicht, ob Sofie und Frank oder Lina und Liam nachts die Lederpeitsche oder die Uniform rauskramen, aber mit Pipi spielt da, glaube ich, niemand rum. Zweifelsohne ist der Umgang mit dem Thema wesentlich offener als in meinem Leben vor meiner Behinderung. Wäre ich früher vor Scham im Boden versunken und wäre es früher ein großes Drama unter meinen Freunden gewesen, wenn ich mir in die Hose gemacht hätte, würde ich heute allenfalls einen flapsigen Kommentar ernten und vielleicht noch einen darauf rausgeben. Und es gibt wohl keine Frage, die ich meinen engen Freundinnen und Freunden zu diesem Thema nicht stellen dürfte, wenn die Gedanken dazu doch mal zu ernst werden sollten.

Wäre also nur noch zu klären, ob im realen Leben jemand mit mir schlafen möchte. Und da kommen wir dann zum deutlichsten Unterschied zur virtuellen Welt: Irgendwie nicht. Es ist ja nicht so, dass ich es absolut nötig hätte. Geschweige denn, dass ich wüsste, ob und wie es bei mir funktioniert. Aber manchmal, wenn ich alleine im Bett liege und mit meiner Bettdecke kuschel, hätte ich schon gerne einen knackigen Typen auf mir liegen, der … lassen wir das. Bevor hier jemand die „Melden“-Flagge hisst.

Was ich jedoch im realen Leben merke: Viele Jungs, gerade ältere, stehen eher nicht auf das selbstsichere, intelligente Mädel, sondern eher auf das schüchterne, leise, zerbrechliche, hilfsbedürftige. Mit einer ernsthaften Diskussion bekommt man eher keinen Mann aus meinem „Beuteschema“, um mit Marcs Worten zu reden, um den Finger gewickelt. Eher mit der Frage, ob jemand meinen Schlüssel gesehen hat. Oder ihn bitte vom Fußboden aufheben könnte. Macht aber nichts. Ich bin flexibel. Und habe aufgegeben, darüber nachzudenken, ob ich mich mit auf die Stufe stellen möchte.

Komm, tanz mit mir

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Ich könnte ja schon wieder einen Beitrag darüber verfassen, dass ich heute schon wieder zugeparkt worden bin. Fast hätte ich es nicht gemacht, hätte da nicht einer meiner Lieblings-Stamm-Kommentatoren 😉 auf ein Uralt-Posting einen neuen Kommentar verfasst. Mit einem genialen Link (fast) zum aktuellen Thema.

Modern ist neuerdings, sich mittig auf zwei nebeneinander angeordnete Behindertenparkplätze zu stellen. Also quasi auf die mittlere Trennlinie. Und damit beide Behindertenparkplätze für diejenigen, die sie benötigen, unbrauchbar zu machen. Schlimm wäre es, wenn das jemand täte, während beide Behindertenparkplätze frei wären. Noch schlimmer ist es aber, wenn das jemand tut, während auf den Behindertenplätzen Autos von Rollstuhlfahrern parken. Ja, richtig gelesen, sowas machen Leute. Und zwar nicht einzelne, sondern viele.

Besonders dann, wenn der links parkende Rollstuhlfahrer auf der Beifahrerseite aussteigt (weil er zum Beispiel gefahren wird) und der rechts parkende Rollstuhlfahrer auf der Fahrerseite aussteigt (weil er selbst fährt). Dadurch stehen die Autos so weit auseinander, dass dazwischen noch ein weiteres Fahrzeug passt. Das allerdings nur, wenn man mit einem Zentimetermaß einparkt, woraus schon jeder schließen kann: Keiner der Rollstuhlfahrer kommt mehr in sein parkendes Auto.

Die soziale Stinkesocke dachte sich: Wenn ich jetzt die Bullen rufe, gibt es ein Ticket für 35 Euro plus 300 Euro Abschleppkosten. Dann wird derjenige das mit Sicherheit nicht noch einmal machen. Aber vielleicht reicht ja auch erstmal eine Ansprache. Also lehnte ich mich mit einem Becher Eis in der Hand an mein Auto und wartete. Nach 20 Minuten kam eine Frau zurück und wollte sich in ihr Auto quetschen. Ich sagte: „Entschuldigung, einen Moment bitte. Ich stehe jetzt Ihretwegen eine halbe Stunde vor meinem Auto und komme nicht weg. Ich möchte, dass sie das wissen und künftig bitte anders parken. Okay?“ Den Text hatte ich mir in der halben Stunde überlegt, ich wollte unbedingt freundlich sein, so dass sie sich, obwohl sie von einem deutlich jüngeren Menschen „ertappt“ und „belehrt“ wird, nicht angemacht fühlt und trotzdem ihr Gesicht wahren kann.

Die ernüchternde Erkenntnis: Leute, die so bescheuert parken, haben keinen Zugang für soziales Miteinander. Also hole ich künftig doch die Keule raus. Polizei anrufen, abschleppen lassen, fertig. Sie antwortete: „Wie ich parke, geht dich überhaupt nichts an. Merk dir das.“ Ich zuckte mit den Schultern und sagte gleichgültig: „Merk ich mir. Ist okay. Anzeige kommt dann mit der Post.“ Sie stieg ohne ein Wort in ihr Auto. Es gibt von einer Behindertenorganisation solche Vordrucke, die man ausfüllen und an die Polizei faxen kann, wenn man zugeparkt wird. Foto machen, unterschreiben, fertig. Derjenige bekommt dann eine Anzeige über 35 Euro vom Ordnungsamt. Es empfiehlt sich, einen solchen Block immer im Auto liegen zu haben.

Während ich meinen Rollstuhl verlud, stieg sie hinter mir noch einmal aus, kam zu meiner Tür und pöbelte mich an: „Wenn Sie hier so bescheuert parken, dass in der Mitte noch Platz ist, müssen Sie sich nicht wundern, wenn jemand die freie Lücke nutzt. Schonmal was von ‚platzsparendem Parken‘ gehört? Das gilt auch für Behinderte!“ Immerhin waren wir schonmal beim „Sie“ angekommen. Lohnte es sich noch, ihr zu erklären, dass sie auf Behindi-Plätzen gar nichts zu suchen hat und man auf einer Linie grundsätzlich auch nicht parkt? Ich entschied mich dafür, einfach nur die Tür zuzumachen und sie dumm stehen zu lassen.

Die Süd-Koreaner lösen dieses Problem gleich ganz anders. Vor einem Sport-Internat, das auch Plätze für Menschen mit Behinderung hat, gibt es einen Vorzeige-Behindi-Parkplatz äh -Parkpark.


Hier gibt es das beschriebene Problem nicht, da die Flächen, die behinderte Menschen zum Ein- und Aussteigen benötigen, klar markiert sind, während der Parkplatz selbst nicht breiter ist als das Fahrzeug selbst. Bei dieser Lösung könnte man sowohl rechts als auch links aus dem Fahrzeug aussteigen, ohne dass die benötigte Fläche insgesamt breiter werden müsste. Und das unabhängig davon, wie der linke oder rechte Nachbar jetzt oder später parkt. Ob ich mal an die Stadt schreibe, was die davon halten?

Eigentlich wollte ich, um den ersten Satz meines heutigen Postings *scroll* noch einmal aufzugreifen, aber über etwas ganz anderes schreiben. Nämlich über einen Vortrag zum Thema „Sport mit behinderten Kindern“, den ich mir kürzlich vom Chef unserer Rollstuhlsport-Abteilung anhören durfte. Gehalten wurde er anlässlich eines Workshops von angehenden Physiotherapeuten. Nun will ich nicht Physiotherapeutin werden, aber der Vortrag hat mich dennoch interessiert, so dass ich ihn gebeten hatte, mich mit auf die Gästeliste zu setzen. Tja, was soll ich sagen?

Ich war sehr begeistert. Ich hatte ja hier bereits darüber geschrieben, wie toll es ist, wenn man jemanden aus seiner Depri-Phase herausbekommt und ihn motivieren kann, mit seiner Behinderung zu leben, aber der Vortrag bei dem Workshop ging noch weiter. Ich bekomme die 15 Minuten nicht mehr zusammen, aber im wesentlichen ging es darum, die Zuhörer zu sensibilisieren, dass sie Kinder nicht behinderter machen als sie eigentlich sind. „Wir müssen aufpassen, dass nicht wir es sind, die den ersten Stein legen für eine Mauer, die später mal jemanden tatsächlich behindern wird“ war ein Satz, der mir im Gedächtnis geblieben ist. „Kinder sind nicht barrierefrei umbaubar.“

Es war die Rede davon, wie wir Menschen bezeichnen, wenn wir ihre Behinderung benennen wollen, von dem Wert, den behinderte Kinder für unsere Gesellschaft haben und von den Berührungsängsten, die er zusammenfasste in einem Werk des persischen Dichters Hafis: „Jedes Kind kennt Gott. Nicht den Gott der Namen, nicht den Gott der Verbote, nicht den Gott, der immer so viele komische Dinge tut. Sondern den Gott, der immer nur vier Worte wiederholt: Komm, tanz mit mir.“ Es ging darum, Schicksal als Herausforderung zu sehen, dem man als Teil seines Lebens in irgendeiner Form früher oder später begegnen wird. Es könne nur die Frage sein, wie man dem Schicksal begegnen will. Man könne nicht erzwingen, dass man ihm nie begegnen wird. Man müsse Schicksal annehmen als ein Teil des Lebens, vielleicht sogar auch mit ihm tanzen – und nicht denken, man müsse es überwinden, um wieder ein vollwertiger Mensch zu sein. Und dann an der Überwindung scheitern…

Er erzählte von seinen ersten Physiostunden als Kind, wie ihn sein Kinderarzt motivieren konnte – und wie er erst eine Ärztin verklagen musste, um studieren zu dürfen. Die Viertelstunde ging vorbei, als wären es 2 Minuten gewesen. Keiner sagte mehr einen Pieps, alle hörten wie gefesselt zu. Der ganze Vortrag war sehr ergreifend und das alles endete mit stehenden Ovationen. Die hatte er auch verdient. Ich habe in diesem Vortrag sehr viel gelernt. Schade, dass er nicht aufgezeichnet wurde.