Heute war ich auf dem Rückweg von meiner Psychotherapie, stehe in Bergedorf vor dem Aufzug zum Gleis und wer kommt in dem Moment mit der Kabine nach unten gefahren? Der Leiter der Rollstuhlsport-Abteilung meines Vereins, den ich schon bei einigen Seminaren und Vorträgen kennen gelernt habe. Er wusste gleich, wer ich bin, begrüßte mich und sagte: „Schön, dass ich dich sehe. Hast du gerade mal zwei Minuten?“ Na klar. Er erzählte mir, dass er noch ganz spontan eine Sportlerin für einen Termin in zwei Stunden bräuchte. Aus meiner Triathlon-Sparte hätte jemand abgesagt.
„Zeit hätte ich. Brauche ich dafür Sportsachen oder Sportgeräte?“ – „Nein, im Gegenteil. Ich muss mir noch eine Krawatte raussuchen. Ich habe nur zwei. Aber die passen beide nicht. Ich hasse sowas. Es geht um die Unterstützung von behinderten Sportlern durch die Stadt. Ich habe einen Termin mit ein paar öffentlichen Geldgebern und bräuchte ein paar Sportler quasi als Vorführmodelle. Ich hätte fast ‚zum Anfassen‘ gesagt, aber das stimmt natürlich nicht.“
Vorführmodelle? Zum Anfassen? Er ist immer so direkt. Ich bin weder gut, noch lange dabei, noch kann ich viel über die Sportart erzählen, geschweige denn ist mein Name schonmal groß irgendwo aufgetaucht. „Sind da nicht andere Leute besser geeignet?“ Er schüttelte den Kopf. „Für das, was ich vorhabe, bist du die Beste. Ich glaube, es ist von irgendwoher so gewollt, dass du mir hier über den Weg fährst. Also du hast Zeit und Lust, das finde ich gut, wir treffen uns in zwei Stunden am Bahnhof Sternschanze und fahren von dort aus zusammen dorthin?“ Und dann sah er mich an, dass ich nicht „Nein“ sagen konnte, obwohl mir die ganze Rückfahrt nach Hause lang nur ein Gedanke im Kopf herumschwirrte: „Was hast du dir da bloß eingefangen?“
Aber ich mag ihn auch sehr gerne und ich vertraue ihm eigentlich. Nein, nicht nur eigentlich. Ich vertraue ihm. Krawatte? Hoffentlich muss ich nicht noch irgendwas bügeln! Ich entschied mich für eine schwarze Stoffhose, schwarze Halbschuhe, ein weißes Damen-Oberhemd, einen schwarzen Nadelstreifenblazer und eine silberne Halskette. Ich fand ja immernoch, dass Leute, die viel länger dabei sind, wesentlich besser geeignet wären, aber wenn er unbedingt mich haben wollte … bitte. Sonst trage ich Haare fast nie offen, aber um die noch hochzustecken, blieb keine Zeit. Und nix mit Bahnfahrt – ich kramte mein Auto aus der Tiefgarage. Das andere hätte ich zeitlich nicht geschafft und vor allem wollte ich mir nicht erst irgendwo die Klamotten einsauen. Per Handy sagte ich ihm Bescheid und erfuhr den genauen Treffpunkt.
Das Haus lag an einer großen Straßenkreuzung. Sieben Spuren längs, fünf Spuren quer. Und mittendrin die Stinkesocke auf Parkplatzsuche. Vor dem Haus, in dem das stattfinden sollte, waren zwei Behindi-Parkplätze. Einer war frei. Und ich kam auch gerade aus der richtigen Richtung. Attacke! Ich blinkte rechts, wollte rückwärts einparken, da steigt der direkt vor mir in die Eisen, hat den Parkplatz auch gerade gesehen und wollte direkt vor mir auch rückwärts einparken. Hatte der einen Behindertenausweis? War nicht zu sehen. Aber es war ein alter Kombi und hinten drin lag ein Kühlschrank oder eine Waschmaschine oder ähnliches. Ich entschied, dass der wohl keine Parkberechtigung haben würde und fuhr ihm bis auf 20 Zentimeter auf und blieb dort stehen. Immernoch rechts blinkend. „Mein Parkplatz.“ Hätte er jetzt das Fenster rutergekurbelt und einen Ausweis rausgehalten oder anders deutlich gemacht, dass er dort stehen dürfte, wäre ich weiter gefahren. Immerhin war er zuerst da. Aber so? Ihn einparken lassen und dann lange diskutieren? Nö.
„Hoffentlich ist das niemand, der auch zu der Sitzung will“, dachte ich noch. Aber Krawattenpflicht und dann mit Kühlschrank im Auto? Auch nö.
Er fing an zu hupen. Rückwärtsgang rein, Rückwärtsgang raus, Licht an, Licht aus, 10 Mal nacheinander. Dann ging die Scheibe runter. Ich machte auch mein Fenster auf. „Ey Fo**e! Wenn du nicht Auto fahren kannst dann lass Papas Karre gefälligst in der Garage stehen. Ich will hier einparken. Also sieh zu, dass du deine Dreckskarre da weg kriegst. Ich fahr jetzt einen Meter vor und dann fährst du da weg, kapito?“
„Haben Sie denn auch einen Parkausweis?“ fragte ich zurück, betont freundlich. Er zog die Handbremse an, schnallte sich ab, kam aus dem Auto. Da meine Zentralverriegelung ohnehin immer zu ist während der Fahrt, musste ich nur noch das Fenster schließen. Ich drückte meinen Parkausweis von innen gegen das Seitenfenster und schaute ohne eine Miene zu verziehen nach vorne. Er baute sich vor meiner Tür auf und rüttelte an meinem Türgriff. Pöbelte irgendwas mit Alder, Digger und Fo**e. Schlug mit der Faust gegen meine Scheibe. Es rummste einmal. Dann rotzte er einmal dagegen, stieg wieder in sein Auto und fuhr weg.
Ich merkte mir für alle Fälle das Kennzeichen, falls später meine Außenspiegel fehlen würden oder die Reifen zerstochen sind… Auf dem Gehweg standen einige Leute, die sich das Spektakel mit angesehen hatten. Einer davon wollte mir anzeigen, wie viel Platz ich noch zum Rangieren hatte. Was ich in der Rückfahrkamera allerdings noch viel besser sehen konnte. Nun noch im fließenden Verkehr den Rollstuhl zusammenbauen und aussteigen… Der ältere Herr kam um mein Auto herum und sagte: „Das ist schon sagenhaft, was man sich manchmal gefallen lassen muss! Aber Sie haben so toll eingeparkt. Ich war früher mal Fahrlehrer. Damals waren die Sitten noch nicht so rau und die Autos noch nicht so groß. Sie müssen sich mal so eine Rückfahrlinse hinten in die Scheibe kleben, dann können Sie genau sehen, ob sich etwas dahinter befindet! Nur so als Tipp! Auf Gefühl fahren ist immer sehr gefährlich!“
„Ich habe eine Rückfahrkamera, da kann ich alles bestens erkennen.“ – „Die ist doch sehr teuer!“ – „Rentiert sich aber schon in dem Moment, wo man den ersten Poller nicht umfährt.“
Als ich im vierten Stock endlich ankam, waren bereits gefühlte zehn Leute in dem Raum. Unter anderem unser Chef. Drei Sportler kannte ich aus dem Verein, ein Typ im Anzug saß am Fenster und sortierte irgendwelche toten Wespen, die da zu Dutzenden auf der Fensterbank lagen, ein anderer hackte wild mit einem Stick auf seinen Organizer ein und ein dritter las in seinen Unterlagen und knackte mit den Fingern. Ich sagte einmal laut „Guten Tag“ und bekam das auch von allen erwidert. Über der Tür dröhnte eine Klimaanlage. Zum Glück war ich nicht overdressed. Hinter mir kamen noch zwei ältere Frauen in den Raum, redeten wie zwei aufgeschreckte Hühner über irgendeine Schiffsreise. Wieviele kommen noch?
Auf dem Tisch standen etliche Mini-Getränke-Flaschen und Gläser. Der Platz neben unserem Chef war noch frei. Er unterhielt sich gerade mit einer Sportlerin, die auf der anderen Seite neben ihm saß. Während ich „einparkte“, drehte er sich zu mir, gab mir die Hand. Ich flüsterte ihm zu: „Muss ich die alle einzeln begrüßen?“ Er schüttelte den Kopf und flüsterte zurück: „Nur wen du kennst. Gibt gleich eine Vorstellunsrunde.“ Auch das noch! Ich hasse es, vor Gruppen zu reden.
Es war erstmal harmlos. Ein alter Mann eröffnete diese Sitzung, bat alle, kurz zu sagen, wer man ist und in welcher Funktion man heute hier ist. Unser Chef flüsterte mir zu: „Sag einfach nur, du bist Jule, 18 Jahre alt, Schülerin und Rollstuhlsportlerin. Das reicht.“ Ich nickte.
„Wollen Sie denn gleich anfangen?“ fragte er ausgerechnet mich. Mit Puls 200 betete ich den Satz nach, den ich gerade vorgekaut bekommen hatte. Der nächste war dran. Jetzt bloß keinen Stuss labern, nicht stottern, nicht pupsen und keine Gläser umwerfen. Hatte ich eigentlich eine Pampers um?! Ich überlegte das wirklich. Ungefähr so eine Überlegung wie die mit der ausgeschalteten Herdplatte. Nur dass bei mir kein Zwang draus wird, weil ich ja schlecht vor allen Leuten 30 Mal kontrollieren kann, ob es denn so ist…
Da ich schon sehr viel geschrieben habe, verkürze ich an dieser Stelle mal. Es ging im wesentlichen darum, wie man behinderte Sportlerinnen und Sportler, die eine gute Perspektive haben, sportlich erfolgreich zu sein oder zu werden, angemessen fördern kann. Mein Einsatz kam fast sofort. Nämlich als eine der beiden alten Damen, die eben noch über Kreuzfahrt philosophiert hatten, meinte, sie hätte so ihre Probleme, Behindertensport als Leistungssport anzuerkennen. Den genauen Wortlaut und den Vergleich, den sie gezogen hat, darf ich hier nicht öffentlich wiedergeben.
Aber es ging mehr als ein Raunen durch die Runde. Unser Chef ergriff das Wort. „Frau …, für eine ähnliche Äußerung ist vor vier Jahren ein weltweit erfolgreicher Triathlet ohne Vorwarnung aus seinem Team ausgeschlossen worden. Und irgendwann bricht es Ihnen auch nochmal das Genick. Ich höre mir dieses Störfeuer aus Ihrem Sumpf nun schon seit einigen Jahren an und frage mich immer wieder, wieso niemand der Verantwortlichen den Mumm hat, Sie zu feuern.“ Sie grinste nur siegessicher. „Immerhin hätte er all diejenigen Hamburger hinter sich, die unsere durchaus erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler, die bei den Paralympics waren, weil sie teilweise ebenfalls Jahrzehnte hart trainiert haben, dort nicht gewonnen haben, weil eine andere Nation besser war und härter trainiert hatte, zu Hamburgs Sportler einzelner Jahre gemacht haben. Und ich gebe zu, das passierte in den letzten 10 Jahren ungewöhnlich oft. Aber das Votum spricht wohl für sich. Hamburg ist eine Hochburg des Behindertensports, insbesondere des Rollstuhlsports. Und darauf sind viele Hamburger stolz. Auch wenn die Hamburger Tagespresse nach wie vor nicht mal einen Weltmeistertitel erwähnt. Auch wenn Stadt und Land gerade mal 5 Promille ihrer jährlichen Sport-Ausgaben in den Behindertensport investieren. Und 99,5% in andere Sportarten.“
Mir fiel fast das Kinn runter. Ein halbes Prozent für den Behindertensport? Ja, ich hatte richtig gehört. Irgendeiner machte einen Scherz über 5 Promille Alkohol, die ja manchmal schon recht viel sein könnten, aber das wurde gekonnt überhört. „Fünf Wirtschaftsunternehmen, die sich für den Behindertensport in Hamburg begeistern, zahlen das 20-fache der öffentlichen Mittel, um die Spitzensportler zu unterstützen. Ein großer, millionenschwerer und gewinnorientiert handelnder Sportverein mit über 70.000 Mitgliedern in Hamburg unterstützt den Behindertensport in seinen eigenen Reihen jährlich freiwillig und mit großem Stolz mit dem achtfachen dessen, was Stadt und Land dem gesamten Hamburger Behindertensport geben wollen.“
Die Frau, der ich am liebsten ins Gesicht gesprungen wäre, meldete sich noch ein letztes Mal zu Wort und stellte den Stolz in Frage. Ich darf es öffentlich nicht wörtlich wiederholen, aber es war aus meiner Sicht weit unter der Gürtellinie. Man könnte schon fast denken, sie sei neidisch, dass mehr paralympische Athleten mit Medaille aus Peking nach Hamburg zurückkehrten als olympische. „Ja, Stolz“, führte unser Chef aus. Gerade vor zwei Monaten habe ein offizieller Vertreter jenes Vereins in der Vereinszeitung, die ihm auch zur Verfügung stünde, zu einer erfolgreichen Veranstaltung im Behindertensport geäußert: „Wir sind stolz auf unsere Sportler!“ Sämtliche Paralympics-Sieger seien zu Ehrenmitgliedern erklärt worden (zuletzt gab es Ehrenmitgliedschaften aus sportlichen Gründen in der über 100-jährigen Vereinsgeschichte vor über 40 Jahren) und vom Boss des Clubs persönlich bei einer Sportveranstaltung im Stadion vor zehntausenden Fans geehrt worden. Ein klares Bekenntnis zum Behindertensport, ein klarer Ausdruck von Stolz auf die erreichten Leistungen.
Dann wurde ich gebeten, zu erzählen, wie ich zu meinem ersten Triathlon-Trainingslager gekommen bin. Ich fasste meinen Blog in 5 Minuten zusammen. Die drei männlichen Krawattenträger, die mir gegenüber saßen, saßen da mit weit geöffneten Augen und starrten mich an, als ich von der Oma erzählte, die mich erziehen wollte und mich umgefahren hat, von 12 Monaten im Krankenhaus und in der Reha. Dass ich über den Sport eigentlich wieder zurück in den Alltag gefunden habe. Meine Freunde kennengelernt habe, meine Wohnung gefunden habe, gelernt habe, mit meiner Behinderung zu leben. Ohne den Sport … jetzt mal ganz ernsthaft … ich weiß nicht, wo ich heute sein würde. Auch wenn ich gerade mal außerhalb jeder Konkurrenz einen halben Triathlon geschafft habe.
Mein „Chef“ ergriff wieder das Wort. Behinderung sei hauptsächlich wegen Deutschlands Vergangenheit immernoch ein sehr sensibles und schlecht zu vermarktendes Thema. Es bessere sich zusehends. Aber eine angemessene Breite sei noch lange nicht erreicht. Man müsse bereit sein zu erkennen, dass sportlicher Wettkampf eine solche Kraft hat, dass er selbst Menschen, die wir vor 30 Jahren noch versteckt hätten, zu kleinen und großen Helden machen kann. Und zu Ehrenmitgliedern von millionenschweren Vereinen. Zu Sportlern des Jahres. Der Lebenssinn eines olympischen Goldmedaillengewinners liegt im Sport. Sonst würde er nie Weltbester werden können. Der Lebenssinn eines paralympischen Teilnehmers liegt ebenfalls im Sport. Alle weiteren Gedanken, ob ein- oder zweideutig, könne sich jeder selbst machen. Und dann noch einmal darüber nachdenken, ob die öffentliche Hand wirklich ihrer Verantwortung gerecht wird, wenn sie für die Entwicklung des Behindertensports (und nur darum geht es, um die Weiterentwicklung, um das Anstoßen neuer Dinge) gerade mal 5 Promille im Sport-Etat eingeplant hat.
Als ich wieder zu meinem Auto kam, waren alle Spiegel noch dran, alle Reifen noch ganz und kein Kratzer im Lack. Wenigstens eine erfreuliche Sache. Dass keine weiteren Gelder fließen werden, es bei den 5 Promille bleibt, diese dem allgemeinen Trend entsprechend noch eher gekürzt werden, muss ich wohl nicht erwähnen. Es hat nicht das gebracht, was ich glaube, was unser „Chef“ sich davon erhofft hatte. Aber ich denke, es war nicht umsonst. Er sagte, es sei der Versuch gewesen, auf „Arbeitsebene“ etwas zu erreichen, was auch immer das heißt. Ich glaube, dass es heißt, dass die Keule in Kürze von jemand anderem auf höherer Etage kommt. Ob das dann was bringt?
18 Gedanken zu „Fünf Promille sind manchmal nicht viel“
Oh mann. Unfassbar, was es für Idioten gibt…
Traurig finde ich auch, dass sich sämtliche Sender bei ihrer Berichterstattung zu den Olympischen Spielen überschlagen und die Fernsehzeitungen vor lauter Programmankündigungen fast platzten.
Bei den Paralympics widerum hatte man Glück, wenn einem beim Zappen mal zufällig eine Berichterstattung "über den Weg läuft"… Wobei sich das in den letzten Jahren allerdings auch schon zum Positiven gewendet hat. Meiner Meinung nach besteht in dieser Richtung noch ordentlich Handlungsbedarf.
Vielleicht hätte er die dumme Kuh nicht so angehen sollen, wenn sie über die öffentlichen Gelder entscheidet. Wenn von mir einer Geld haben will und mir dabei erzählt, dass er mich am liebsten gefeuert sehen würde, würde ich ihn auch abblitzen lassen.
Der weiß schon, was er macht. Die "dumme Kuh", wie du sie nennst, entscheidet nicht selbst über öffentliche Gelder, sondern ist "nur" sportliche Beraterin gewesen und profitiert selbst vom Sport-Etat der Stadt und des Landes.
hast du auch einen Namen zu der dummen Kuh? Jemand, der mit sowas ungeheuerlichem um sich wirft, der sollte sich nicht in seiner Anonymität verstecken dürfen…
Ich habe einen Namen zu der dummen Kuh, aber ich darf ihn nicht öffentlich sagen. Es handelte sich um eine nicht-öffentliche Sitzung und es wurde vereinbart, dass über Inhalte nicht in der Öffentlichkeit gesprochen wird. Ohne diese Vereinbarung wäre die Sitzung gar nicht erst eröffnet worden. Also darf ich im Nachhinein auch nur das sagen, was sowieso jeder weiß oder an anderer Stelle nachlesen kann. Wie das mit den 5 Promille oder den Ehrenmitgliedschaften. Ich hatte den Text extra noch Frank (das ist der Jurist, der mit mir in einer WG wohnt) vorgelegt und der hatte noch zwei Absätze wieder rausgelöscht, weil er meinte, das sei zu detailliert. Daher muss ich den Namen für mich behalten, auch wenn ich gerne öffentlich erzählen würde, wer so denkt.
Der über 100 Jahre alte, millionenschwere Verein mit den über 70.000 Mitgliedern und den Ehrenmitgliedschaften erstmals nach über 40 Jahren ist aber nicht etwa der HSV, oder?
Muss aber fast, denn andere so große Vereine fallen mir kaum ein.
Die Veranstaltung dürfte im Haus des Sports an der Ecke Schäferkampsallee/Kleiner Schäferkamp am Schlump gewesen sein. Dass da ein Asi austickt, verwundert mich nicht: Um die Ecke ist ja die Schanze nebst Roter Flora und damit das Quartier in Hamburg mit der geringsten Verbreitung von Wasser und Seife… ^^
Und ich gehe auch davon aus, dass mit dem großen Sportverein der HSV gemeint sein dürfte. Denn der mit den meisten Aktiven, Sportspaß e.V., hat kein großes Stadion mit zehntausenden Fans.
Zu dieser alten Schranze (die war nicht zufälligerweise von den Wassersportlern, oder ist die verwel(c)kt?) sag ich mal nicht so viel, zumal ich den Wortlaut nicht kenne. Aber ihre Einstellung scheint mir wohl auf das Menschenbild einer gewissen Zeit zurückzuführen, das wohl weitervererbt wurde. Ich hätte nur zu gern gewusst, wie sie wohl über Juden denkt, und wie sie es wohl geschafft hat, in eine Position zu kommen, dass sie an dieser Runde teilnehmen durfte, wo doch ihre eigentliche Aufgabe erziehungstechnisch die Produktion Aufzucht kleiner, blonder Hausfrauen und Mütter gewesen sein müsste…
Aus dem Jahresbericht 2009 kann ich entnehmen, dass der HSB für 2010 von 5.500 aktiven Behindertensportlern ausgegangen ist. Das ist, ganz nebenbei, die fünfzehntgrößte Gruppe im HSB, noch vor den Leichtathleten, Schützen, Judoka, Radsportlern und Eishockeyspielern. Wenn ich die Bilanz des HSB richtig lese, hat die Stadt an Zuschüssen insgesamt gerade 3,6 Millionen Euro gezahlt. Wenn 0,5 Prozent davon auf den Behindertensport entfallen, wären das für 2009 bummelige 18.000 Euro – oder pro Aktivem 3,27 € – und da ist die Förderung der Paraolympioniken schon drin… Na, Mahlzeit!
Das, was du gemacht hast, als du dem späteren ausfällig gewordenen Autofahrer bis auf die Stoßstange aufgefahren bist, nennt man Nötigung. So ein Mercedes ist zwar toll, beginne aber bitte nicht, dir einzubilden, dass Licht-und-Sicht-Paket automatisch auch die Vorfahrt inbegriffen ist.
@Anonym: Jule wollte doch nur verhindern, dass der aggressive Typ einparkt, mit ihr nicht redet, sie die Polizei rufen muss und das ganze Spektakel den Kühlschrankkurier 35 Euro Verwarngeld plus 300 Euro Abschlepplohn kostet. Manche Leute muss man zu seinem Glück zwingen.
Aber jetzt mal ernsthaft: Nötigung ist definiert als die Drohung mit Gewalt oder einem empfindlichen Übel. Womit droht sie denn? Dass der Typ, wenn er sich, seinem freien Willen nach, verbotswidrig auf den Parkplatz stellt, weitere Scherereien bekommt, weil er vorher noch Jules Auto ankarren muss?
@BigDigger: Ganz so einfach ist es leider nicht. Es geht um die Leistungssport-Entwicklung, also um die Unterstützung all jener Sportarten, die in Hamburg mit einem finanziellen Push deutlich mehr erfolgreiche Athleten hervorbringen könnten als ohne diesen.
Da kommen also schonmal nur die Personen in Frage, die noch nicht zu alt sind. Der Cut ist hier bei 26 zu machen. Die älteren sind entweder bereits etabliert oder sie werden es nicht mehr, zumindest nicht durch die Förderung der Sportart.
Die Rechnung ist beim Behindertensport schonmal unsinnig, weil hier durchaus auch noch Mittdreißiger erfolgreich werden können, da sie wegen ihres späten Einstiegs (nicht jeder ist seit Geburt behindert) noch nicht "verschlissen" sind.
Man macht die Förderung auch von der Popularität der Sportart abhängig. Wenn man die Alten rausrechnet, liegt Behindertensport bei etwa 1% aller Hamburger Sportler. Nur ist auch diese Rechnung Schwachsinn, weil ja gar nicht alle Hamburger behindert sind. Auf der einen Seite werden die nichtbehinderten Rollstuhlsportler (beispielsweise im Rollstuhlbasketball) aus der Förderung gleich herausgehalten, auf der anderen Seite bezieht man sich in der Statistik aber auf eine Vergleichsgröße, in der die nichtbehinderten Menschen eingerechnet sind.
Zudem gehört zur Popularität auch immer die öffentliche Wahrnehmung einer Sportart. Und die ist im Behindertensport deutlich intensiver als in anderen geförderten Sportarten.
Ferner bist Du bei Deiner Berechnung von 3,6 Mio Euro ausgegangen. Es betrifft aber nur die Leistungssportförderung, und die lag bei 1,1 Mio Euro. Der Leistungssport der Menschen mit Behinderung hat zwar 2008 ganze 5 Medaillen mit nach Hamburg gebracht, bekommt 2010 aber von diesem Kuchen lediglich einen Krümel von 4,5 Promille.
Und die frechste Argumentation ist dann natürlich, wenn jemand sagt, eine Leistungssportförderung sei nicht nötig, da man die Medaillen ja auch ohne holt. Dabei bleibt nämlich außer Acht, dass die Kosten hierfür ausschließlich (bis 2008 keinen Cent Leistungssportförderung aus öffentlichen Mitteln) durch die Vereine und die Sportler selbst getragen wurden.
@M
Das, was Du mit vielen Worten zu erklären versuchst, ist, dass ich sage, es ist schlimm, und Du meinst, es ist noch viel schlimmer? So ganz verstehe ich nämlich nicht, worauf Du hinaus willst.
@BigDigger: So in etwa. Ich finde, Jule hat einen sehr guten Beitrag geschrieben und ich habe ein bißchen Angst, dass demnächst jemand erklärt: In Hamburg machen über eine halbe Million Leute Sport, die paar Behinderten dazwischen bekommen, wie BigDigger vorgerechnet hat, 20 T€ aus öffentlichen Kassen, sollen sie einen halben Trainer dafür einstellen und gut – worüber regen die sich eigentlich auf?!
Dass es hingegen über 1.000 behinderte Athleten im "Medaillenalter" gibt, die so viel öffentliche Mittel bekommen, dass sie dafür nicht mal einen 400-Euro-Trainer für alle Behindertensportarten zusammengenommen beschäftigen können und der Hochleistungssport bis zu den Paralympics im Ehrenamt organisiert wird, kam mir ein wenig zu kurz und zu undeutlich rüber. Deshalb wollte ich mit Bezug auf Deine Zahlen noch einmal nachlegen.
@BigDigger: Ich weiß nicht, ob die "alte Schranze" irgendwas mit Wassersport zu tun hat. Die ehemalige Senatorin war es jedoch nicht! Der lag ja der Sport der Menschen mit Behinderung sehr am Herzen, wie ich mitbekommen habe.
Mit Verein und Örtlichkeit du ganz hast recht. 🙂
Die ganze Sache mit der Finanzierung wundert mich ehrlich gesagt überhaupt nicht.
Ich kenne persönlich einige international äußerst erfolgreiche Spitzen-Sportler und den Bundestrainer einer relativ unpopulären und unbekannten Kampfsportart. Auch da läuft bis in die höchsten Ebenen alles ehrenamtlich.
Und selbst von Treppchen-Plätzen bei Welt- und Europameisterschaften oder einem gewonnen Junioren-WM-Titel lese ich höchstens etwas in einem Dreizeiler im regionalen Sport-Teil meiner Zeitung, weil das Leistungszentrum zufällig bei mir in der Nähe ist und viele Spitzenathleten aus meiner Gegend kommen.
Dieses Problem mit der schlechten Finanzierung, dem kaum vorhandenen Medienecho, usw. ist also erst mal kein alleiniges Problem des Behindertensports, sondern ein generelles Problem nahezu aller Randsportarten.
Geld und Medienecho konzentrieren sich eben auf ganz wenige Sportarten (allen voran natürlich Fußball).
Dazu sehe ich beim Behindertensport immerhin beim Medienecho durchaus eine gewisse Verbesserung, wenn ich sehe, wie die Berichterstattung bei den letzten Paralympics (Sommer und Winter) doch deutlich größer war als bei den Vorherigen.
Das ändert aber natürlich nichts daran, dass es völlig lächerlich ist, wenn dem Behindertensport gerade mal ein halbes Prozent der Gelder für die Spitzensport-Förderung bekommt, ist natürlich trotzdem ein schlechter Witz.
Gruß
Banane
Man sollte seinen Kommentar vielleicht erst noch mal aufmerksam durchlesen, bevor man ihn abschickt… mein letzter Satz ist natürlch Schwachsinn.
Das sollte heißen:
Das ändert aber natürlich nichts daran, dass es völlig lächerlich ist, dass der Behindertensport gerade mal ein halbes Prozent der Gelder für die Spitzensport-Förderung bekommt.
Gruß
Banane
Man muss natürlich sehen, welche Ziele mit der Sportförderung erreicht werden sollen. Da haben wir auf der einen Seite der Breitensport. Hier soll jedem Bürger die Möglichkeit gegeben werden sich betätigten zu können.
Auf der anderen Seite steht der Leistungssport. Hier geht es mehr darum den Bürgern attraktive sportliche Wettkämpfe bieten zu können. Daher werden dort auch nur Sportarten gefördert, die Interesse bei Zuschauern hervorrufen. Solange Sportwettkämpfe kein oder nur sehr wenig Interesse bei den Bürgern der Stadt hervorrufen, kann man auch keine großartige Förderung erwarten. Die Medien interessieren sich auch nur für Sportarten, bei denen es Interesse bei der Leserschaft gibt. Fehlt das Interesse, so gibt es keinen Grund eine Sportart als Leistungssport großartig zu fördern.
Letztlich kann es nur eine höhere Förderung von behinderten Leistungssportlern geben, wenn insgesamt das Interesse bei den Bürgern daran steigt. Ansonsten ist es nicht gerechtfertigt hier mehr Geld in die Hand zu nehmen. Das Geld ist halt Zweckgebunden und soll primär in für alle Bürger (Zuschauer) attraktive Sportarten investiert werden. Die Förderung der Sportler ist hier nicht das primäre Ziel. Es sollen eher für Zuschauer attraktive Sportwettkämpfe geboten werden, um die Lebensqualität der Stadt zu steigern.
@Klaus
Aber woher kommt das Interesse der Menschen an bestimmten Sportarten? – Sicherlich nicht alleine von der Sportart an und für sich.
Mediale Präsenz, finanzielle Ausstattung und Interesse der Menschen beeinflussen sich doch gegenseitig.
Dazu mal ein Beispiel: Turnen in Straubenhardt: Ein Sponsor steckt eine Menge Geld in einen Turnverein, baut eine tolle Halle und kauft gute Turner ein. – Und auf ein mal gibt es bei den Bundesliga-Wettkämpfen in Straubenhardt viele Zuschauer, während bei den Heimwettkämpfen anderer Mannschaften kaum jemand zuschaut und die Sportart Turnen trotz Hambüchen-bedingtem Aufschwung immer noch nicht sonderlich populär ist.
Ähnliches sieht man auch in irgendwelchen anderen Hochburgen irgendwelcher Randsportarten. Dort leben im Durchschnitt auch keine anderen Leute als im Rest Deutschlands – und trotzdem können sich viel mehr Leute für eine Randsportart begeistern, weil die Wettkämpfe attraktiver sind und die meidale Berichterstattung größer ist.
Würden die Medien mehr über den Behindertensport berichten und würden die Wettkämpfe im Behindertensport (dank höherer Fördergelder) attraktiver gestaltet, würde auch das Interesse der Menschen am Behindertensport zunehmen.
Vom gestiegenen Interesse der Nichtbehinderten am Behindertensport könnten dann sicher auch wieder behinderte Menschen profitieren, weil das Thema Behinderung den Menschen nicht mehr ganz so fremd ist.
Vor einiger Zeit wurde z.B. bei mir in der Uni mit Aushängen und Flyern Werbung für ein Rollstuhlbasketballspiel gemacht.(Vermutlich weil eine im Behindertensport aktive Frau in meiner Fakultät ist)
Hätte ich am entsprechenden Wochenende nicht schon etwas Anderes zu tun gehbabt, wäre ich bestimmt hin gegangen. Wenn aber (u.A. mangels Geld) nirgends Werbung gemacht wird, kommen natürlich auch keine Zuschauer. – Auch wenn es Leute gibt, die prinzipiell an der Sportart interessiert sind, müssen sie erst mal von entsprechenden Veranstaltungen erfahren.
Somit wäre es vielleicht sinnvoller, statt etablierter Sportarten, die auch ohne große Förderung wegen dem Interesse der Menschen, der medialen Präsenz und der Attraktivität für Sponsoren schon Selbstläufer sind, andere interessante, aber bisher relativ unbekannte Sportarten zu fördern, um den Bürgern weitere interessante Sportwettkämpfe anbieten zu können.
Gruß
Banane
Hallo Jule,
ich bin heute über deinen Blog gestolpert, und muss jetzt ins Bett gehen….denn leider, oder wie auch immer, bin ich einfach hängen geblieben. Ich musste lachen, hab mich geärgert, und war traurig! Ich bin jetzt gerade erst in deinem 18. Lebensjahr angekommen, und ich muss sagen ich bewundere deine Stärke und deinen Mut, auch wenn dir das damals vermutlich gar nicht so vorgekommen ist, du musstest einfach das beste aus der Situation machen und hast es anscheinend gut hinbekommen. Sich vorzustellen, dass du, mit noch nicht mal ganz 16 Jahren, mit deiner Situation allein fertig musstest macht mich wirklich traurig, aber anscheinend bist du stärker aus der Sache rausgegangen. Die ganzen Schilderungen darüber, wie „man“ mit Rollifahrern umgeht macht mich wütend! Aber ich denke auch ,dass vieles einfach dem geschuldet ist, dass sehr viele Menschen einfach keine Kontakt mit Menschen haben , die ein Handicap haben. Ich hatte eine Schulkameradin, die E-Rolli gefahren ist, nicht weil sie nicht laufen konnte, sondern weil sie kleinwüchsig ist…..das schlimmste daran war, dass, wenn wir zusammen unterwegs waren, die Leute immer mit mir gesprochen haben, als ob sie nicht da wäre, oder ein Kleinkind ( sie war damals schon über 20!) naja und lästig war, dass unsere beiden Rollifahrer, der andere hatte einen „normalen“ Rollstuhl, immer schneller waren als ich! Also bin ich immer hinten auf dem E-Rolli “ mitgefahren“. Aber egal….ich bin sehr gespannt wie sich dein Leben weiter entwickelt hat, hört sich vielleicht blöd an, aber was ich bisher gelesen habe, wäre wert als Buch veröffentlich zu werden, ich könnte mir vorstellen, dass du damit vielen Menschen Mut machen könntest. Auch wenn das vermutlich gar nicht deine Intension war oder ist…..Viele Grüße aus dem tiefen Süden von Deutschland und frohe Weihnachten 2020, auch wenn das für uns alle nicht so einfach wird!