Mir geht es gut. Nein, wirklich. Ich bin selbst erstaunt. Ob es von den ersten Sonnenstrahlen kommt, die Glückshormone freisetzen? Oder vom Sex, der gleiches tut? Oder ob es an den vielen Neuigkeiten und Perspektiven liegt, die meine letzte Woche prall gefüllt haben?
Ich weiß gar nicht, wovon ich zuerst und wovon ich zuletzt schreiben soll. Ich habe auch keine Ahnung, ob sich das jemand antun will, aber ich kündige schon jetzt an: Trotz aller Bemühungen wird es eine lange Kurzfassung. Es war eine Woche, die so bewegt war, dass ich nicht dazu gekommen bin, Tagebuch (Blog) zu schreiben.
Am letzten Wochenende fand endlich mal wieder ein Straßentraining statt. Leider bei keinem tollen Wetter, es fing zwischenzeitlich zu nieseln an. Marie hat zum ersten Mal auf der Straße mittrainiert und es hat ihr sehr gut gefallen. Sie passt prima in unsere Gruppe.
Am letzten Wochenende war auch Pauline dabei. Pauline ist knapp 16 Jahre alt und wohnt in der Straße, in der unser nächtliches Training beginnt und endet. Unser Straßentraining findet ja seit einiger Zeit auf den Elbdeichen statt, im Rahmen einer Sondernutzungserlaubnis teilen wir uns nachts etwa zehn Kilometer Deichstraße mit etlichen Rennradlern. Für den Durchgangsverkehr ist die Straße in dieser Zeit gesperrt.
Pauline saß auch schon die letzten Wochenenden auf einem Verteilerkasten am Straßenrand gegenüber unserer Trainingsbasis und guckte. Sagte kein Wort, sondern beobachtete nur. Über Stunden. Kurz nachdem wir beginnen, kommt sie aus dem Haus, setzt sich auf den Stromkasten (oder Telefonkasten, keine Ahnung, was da verteilt wird), guckt uns ein paar Stunden zu und verschwindet wieder. Keine Eltern in Sicht, es ist arschkalt (wenn man nur da sitzt), sie sagt nichts, sie macht nichts, sie guckt nur.
Vor einer Woche haben wir sie angesprochen. Ergebnis: Sie bewundert uns. Sie bewundert mich. Sie sei verliebt in mich. Sie schwärme für mich. Sie möchte so sein wie ich. Auf meine ziemlich perplexe Frage (immerhin kommt es nicht alle Tage vor, dass jemand mir so etwas sagt, geschweige denn sich dazu überwindet, so etwas zu sagen), was sie denn so toll an mir finde, antwortete sie: Einfach alles. Sie wünsche sich, mit mir tauschen zu können. Aber das ginge ja nicht. Sie träume jeden Abend vor dem Einschlafen davon, so zu sein wie ich.
Ich fragte sie, ob sie sich vorstellen könnte, wie ein Leben mit einer Querschnittlähmung ist. Nein, sagte sie, das könne sie nicht, aber sie bewundere mich und möchte gerne so sein wie ich. Sie fing an, mich Dinge aus meinem Leben zu fragen. Ob ich zu Hause wohne, ob ich noch zur Schule gehe – und ob ich viele Freunde hätte, die im Rollstuhl sitzen. Sie würde auch gerne Rollstuhlfahren lernen.
Ich hielt sie für ziemlich „Psycho“ und fragte sie, was sie am Rollstuhlfahren so erstrebenswert fände. Immerhin kenne ich viele Rollifahrer, die gerne laufen können würden. Sie antwortete, dass ich sie falsch verstanden hätte: Sie sei nicht vom Rollifahren fasziniert, sondern von mir, wie ich Rollstuhl fahre. Dass ich den so gut beherrsche und dass es so wirke, als hätte ich ihn akzeptiert. Das sei bei ihr nicht so – ihr Rollstuhl sei Scheiße und fahren könne sie damit auch nicht. Er sei ganz billig und eigentlich für alte Omas.
Das Gespräch wurde immer verrückter. Sie war eindeutig zu Fuß da und ihr Gangbild deutete nicht im geringsten darauf hin, dass sie irgendeine Einschränkung haben könnte. Im Gegenteil, sie lief, sprang an diesem Stromkasten hoch – völlig unauffällig. Sie sagte, sie habe einen Rollstuhl, weil sie an einigen Tagen nicht laufen könne. Teilweise nicht mal zehn Meter. Lange Strecken sowieso nicht. Die Ärzte finden keinen Grund, die eigenen Eltern halten sie für eine Spinnerin und sie stehe mit ihrem Problem völlig alleine dar.
Woher sie den Rollstuhl denn hätte, wollte ich wissen. Der normale Weg wäre eine Verordnung vom Arzt gewesen – und dann eine Versorgung über ein Sanitätshaus zu Lasten der Krankenkasse. Sie habe ihn selbst gekauft, deswegen sei er auch nur einfach. Und die Eltern wüssten auch nichts von seiner Existenz. Der Kinderarzt habe ihr keinen verschreiben wollen, der meinte, dann würde sie nur noch dadrin sitzen. Auf die Frage, wo der Rolli denn jetzt stehe, meinte sie, dass er bei einem Nachbarn in einer Scheune untergestellt sei. Fragt sich, wie sie dorthin kommt, wenn sie an einigen Tagen nur zehn Meter laufen kann. Wir haben uns verabredet, dass sie den Stuhl nächstes Mal mitbringt und wir mal schauen, ob man den noch besser einstellen kann… Mal sehen, wie die Märchenstunde weitergeht.
A propos „Psycho“: Heute (ich weiß, Chronologie geht anders) saß ich in der S-Bahn, als an der Station „Reeperbahn“ ein Typ einstieg, mit Glatze, Ohrringen, Perlenkette, Stöckelschuhen, Rock und durch die Bluse schimmerte ein BH. Knie frei, stark geschminkt und gepudert – solche Leute trifft man in dem Bereich öfter. Hin und wieder sind sie ein Hingucker, manchmal, weil sie tatsächlich hübsch aussehen, manchmal, weil sie tatsächlich schrecklich aussehen. Der heutige Frau war unspektakulär, setzte sich auf einen Platz und las ein Reclamheft. Mir gegenüber knutschten zwei Typen, Mitte 40, intensivst, eine Sitzgruppe weiter redete jemand laut mit sich selbst und noch ein Stück weiter leckte jemand die Fensterscheibe ab. Als dann, eine Station später, an der Königstraße, noch drei Leute reinkamen, einer mit Gitarre, zwei farbige Frauen in Baströcken dazu, zusammen rockten sie lautstark die Bahn und tanzten, fühlte sich ein Typ genötigt, laut loszubrüllen: „Nur Asoziale hier! Nur Beknackte, Psychotiker und jede Menge Schwuchteln.“ – „Und Behinderte“, fügte ich hinzu und hob demonstrativ meinen Zeigefinger hoch. Der Typ konnte es nicht hören, die beiden homosexuellen Männer grinsten, eine ältere Frau schaute mich vorwurfsvoll an. Großstadt.
Vor knapp zwei Wochen schrieb ich über einen Mann, der keine Erlaubnis bekam, eine ausreichend große Wohnung anzumieten. Das Thema hat sich inzwischen erledigt: Nachdem der Leiter jener Abteilung, die dem Mann diese Berechtigung verwehrt hatte, darüber zu entscheiden hatte, ob die Verfahrensakte zur Einsichtnahme zum Anwalt geschickt werden kann, stellte die Sachbearbeiterin dem Mann den richtigen Berechtigungsschein aus. Damit habe sich die Sache ja nun erledigt…
A propos „erledigen“: Bei meinem „Schulproblem“ hat sich nach wie vor nichts erledigt. Zwei der drei Unruhestifter sind nicht mehr suspendiert, eine endgültige Entscheidung, wie es weiter geht, gibt es trotzdem nicht. Zumindest nicht, was die Konsequenzen für die Plagegeister angeht. Für mich bedeutet das: Es geht (fast) so weiter wie vor der Suspendierung, denn dieser halbherzige Versuch, die Streithähne in die Schranken zu weisen, hat sie offenbar nur in der Ansicht bestärkt, man könne ihnen nicht ans Leder. Die Direktorin ist mir ein paar Mal über den Weg gelaufen, sie grüßt nicht mehr, es scheint mir, als wenn sie mich mutwillig übersieht, vielleicht verdrängt sie mich auch einfach nur aus ihren Gedanken, vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein und sie hat mich einfach nur ein Dutzend Mal nicht gesehen.
Es soll ja bei Beamten die inoffizielle Möglichkeit des „Weglobens“ geben, meistens in aufwärtige Richtung. Damit ist gemeint, dass man einen Beamten, der auf seiner Stelle mehr Scheiße baut als sinnvolles zu leisten, in eine andere (höhere) Position befördert, wo er weniger Unheil anrichten kann – Beamten kann man schließlich schlecht kündigen. Nicht, dass ich nun Gerüchte in die Welt setzen will, dass man meine Direktorin wegloben will – bewahre! Sondern ich komme mir im Moment so vor, als wolle man mich „wegloben“. Ich weiß natürlich, dass das nicht so ist, sondern kann noch gar nicht fassen, was da gerade passiert, welche Mühe sich einige Leute mit mir geben und welche vermutlich einzigartige Chance man mir gerade eröffnet. Ich suche nach Erklärungen – die absurdeste, die des Weglobens, ist noch nicht absurd genug.
Am letzten Dienstag rief mich meine Hausärztin, die Mutter von Marie, nachmittags an. Sie, meine Hausärztin, habe auf Erzählungen von Marie über meinen Schulstress in meinem Blog geblättert. Sie konnte nicht glauben, was Marie ihr erzählt hat. Sie sagte, das alles sei ja unerträglich. Sie wusste zwar aus meinen knappen Erzählungen, dass da nicht alles rund laufe, aber so schlimm habe sie es sich nicht vorgestellt. Meine Texte (in denen es ja auch hin und wieder mal um meine Schulnoten ging) haben ihr aber insgesamt sehr gut gefallen und sie erlebe mich ja auch schon einige Zeit, insofern würde sie mir gerne helfen – ob ich damit einverstanden sei.
Sicherlich bin ich damit einverstanden, nur was kann sie schon tun? Schließlich haben sich ja schon einige Leute vergeblich daran versucht. Sie fragte mich, was ich nach meinem Abi tun möchte. „Studieren“, antwortete ich. – „Was denn?“ – „Genau weiß ich es noch nicht, aber vermutlich Psychologie. Oder irgendwas anderes Soziales, bei dem man mit Menschen zu tun hat.“ – „Medizin?“ – „Dafür ist mein NC zu schlecht.“ – „Scheitert es nur am NC? Oder anders gefragt: Was wäre, wenn im nächsten Jahr der NC so läge, dass es möglich wäre?“
„Ich habe mir darüber noch nie Gedanken gemacht, weil ich keinen NC von 1.1 hinbekomme und sich diese Tür mir sowieso nie öffnen wird. Außerdem weiß ich nicht, ob ich das packen würde, da ich ja nur begrenzt belastbar bin und das Studium ja sehr anspruchsvoll ist. Und ob ich das alles verstehe, gerade in Chemie, weiß ich auch nicht.“ – „Naja, die Belastbarkeit ließe sich ja durch eine längere Studienzeit ausgleichen. Und was den Intellekt angeht, hätte ich überhaupt keine Zweifel. Die entscheidende Frage wäre aus meiner Sicht, ob das inhaltlich das richtige wäre.“
„Und ob ich das letzte Jahr an meiner Schule überstehe“, sagte ich. Maries Mutter ließ nicht locker: „Sie denken mir zu praktisch. Hätten Sie theoretisch Interesse, wenn Ihnen morgen jemand einen Studienplatz anbieten würde?“ – „Ich glaube schon. Aber warum ist das so wichtig?“ – „Marie fängt nächsten Winter an, Medizin in Hamburg zu studieren. Sie hat ein entsprechendes Abi geschafft. Und nun sucht sie noch jemanden, der sie begleiten möchte. Ich habe da spontan an Sie gedacht. Ich glaube, das wäre etwas für Sie.“
„Ich bin doch erst 2012 mit dem Abi fertig. Frühestens. Und ich habe keinen entsprechenden NC.“, antwortete ich. Was sollte das?! Schnallte sie das nicht oder wollte sie mich provozieren? Ich wurde langsam sauer, weil ich mich nicht verstanden und nicht ernst genommen fühlte – und das kann ich nicht leiden. Sie sagte: „Ich weiß, es klingt bescheuert, aber vielleicht schlafen Sie einmal drüber und sagen mir morgen früh, ob das was für Sie wäre, ob Sie sich grundsätzlich vorstellen könnten, Medizin zu studieren, wenn Sie sich über NC und Abi und arschige Mitschüler keine Gedanken machen müssten. Ob das Ihr Studiengang sein könnte. Überlegen Sie sich das ernsthaft und rufen mich bitte bis morgen Mittag an. Ich meine das wirklich ernst!“
„Und dann?“ – „Dann rufen Sie mich wieder an. Bitte nicht vergessen! Tschüss!“ – Zuerst war ich sauer, spielte sogar schon mit dem Gedanken, Marie anzurufen und sie zu fragen, was das sollte, entschied mich dann aber zum Glück dagegen und redete mich allen möglichen Leuten. Alle möglichen Leute hatten alle möglichen Bedenken. Meine körperliche Behinderung, wenn ich da mal jemanden hochheben müsste, oder reanimieren müsste, das ginge doch gar nicht. Ich würde schon im Pflegepraktikum scheitern, das dem Studium vorausgeht. Andererseits gibt es einige wenige Ärzte im Rollstuhl – die müssen es ja irgendwie auch geschafft haben.
Als ich sie am Mittwoch anrief und ihr erzählte, dass ich mir das vorstellen könnte, mehr aus der Neugier heraus, was wohl passieren würde, als aus der Überzeugung, dass da wirklich etwas passieren könnte, antwortete sie, dass ich am Abend einen Termin hätte mit Marie – den sollte ich unbedingt wahrnehmen und alles andere absagen. Es sei meine Chance, ohne NC einen Studienplatz für Medizin zu bekommen. Wenn ich möchte.
Bis dahin habe ich das ganze für albern gehalten, aber als mir in dem Moment klar wurde, dass das wirklich ernst gemeint war (ohne zu wissen, wie das klappen sollte), zweifelte ich doch, ob ich mich richtig entschieden hatte. Mehr aus dieser Eigendymamik heraus fuhr ich abends mit Marie in den Hamburger Westen in ein Krankenhaus und sollte mich bei einer Sekretärin melden. Es dauerte endlos, bis wir die richtige Zimmertür gefunden hatten. Dann standen wir in einem Raum mit einer Dachschräge, ein ziemlich großer, dünner Mann mit blondem, ungeordneten Haar, sehr dezenter Brille, Dreitagebart, großen Händen, schätzungsweise Anfang 40 (später erfuhren wir dann, dass er über 60 war) stand an einem offenen Dachfenster und rauchte. Das Zimmer war grell erleuchtet, überall standen und lagen Bücher herum, prall gefüllte Regale standen an jeder Wand.
Als wir reinrollten, drückte er seine Zigarette in einem Aschenbecher aus und schloss das Fenster. Bevor er uns die Hand gab, ging er zu seinem Schreibtisch, wackelte mit der Maus, um den Bildschirmschoner auszuschalten, und drehte seinen Monitor. „Aus dem Leben einer Stinkesocke“ – mein Blog war auf dem Bildschirm zu sehen.
„Hätte ich das gewusst, hätte ich einige Beiträge ausgeblendet“, sagte ich. Er antwortete: „Gut, dass Sie das nicht gewusst haben. Schauen Sie mal hier. Daran forsche ich gerade. Die Genetik der einzelnen Bakterien im Darm. Sie sind bei jedem Menschen verschieden. Außer bei Zwillingen. Die haben dieselben. Auch, wenn sie seit 50 Jahren nicht mehr zusammen wohnen, sich völlig unterschiedlich ernähren, der eine nimmt ständig Antibiotika, der andere schwört auf Naturheilkunde – die haben trotzdem die gleichen Darmbakterien. Der eine Zwilling hat ein Reizdarmsyndrom, der andere nicht. Woran liegt es?“
„Am Antibiotikum?“ – Der Mann lachte. „Nein. Das kann auch denjenigen Zwilling treffen, der kein Antibiotikum genommen hat.“ – „Keine Ahnung. An der Psyche? An der Ernährung?“ – „Die erste Antwort war richtig.“ – „Die Psyche.“ – „Nein, die erste. ‚Psyche‘ war die zweite.“ – „Keine Ahnung?“ – „Genau. Keine Ahnung. Wir wissen es nicht. Fragen Sie einen Mediziner nach der Ursache des Reizdarmsyndroms und sie bekommen allenfalls eine Bankrott-Erklärung. Die Darmflora ist so gut wie nicht erforscht. Wir wissen, dass in ihm zwischen drei und zwanzig Pfund Bakterien leben, 10% von ihnen haben schon einen Namen. Ende.“
„Warum hat das noch nie jemand erforscht?“, fragte ich. Er antwortete: „Was denken Sie?“ – „Hm, es scheitert schon daran, an alle Bakterien ranzukommen?“ – „Richtig, warum?“ – „Der Darm ist zu lang, um mit irgendwelchen Instrumenten…“ – „Falsch. Im Zweifel nimmt man bei einer Operation oder Sektion irgendwelche Proben. Das ist nicht der Grund.“ – „Hm, vielleicht herrscht da drin so eine einzigartiges Milieu, dass sie tot sind, bevor sie unter dem Mikroskop liegen?“ – „Genau richtig. Erst mit Hilfe der DNA-Untersuchung, die erst seit einigen Jahren möglich ist, hat man festgestellt, was da so alles unterschiedliches lebt. Bei der DNA-Untersuchung ist es egal, ob das Bakterium tot ist oder lebendig. Ein Mediziner in den USA hat sich die Mühe gemacht und die DNA aller Bakterien im Darm eines Menschen entschlüsselt. Und dabei mal eben schnell einige Tausend neue Bakterien gefunden. In einem Menschen. Und im zweiten nochmal. Da ist unheimliches Forschungspotential.“
Er nannte die Chaoten auf meiner Schule „Hallodris“ und wollte von mir hören, warum einige Querschnittgelähmte einen sehr hohen Blasendruck haben und andere nicht. Ich erklärte ihm das. Steht ja auch in meinem Blog. Er wollte dann wissen, wieso Querschnittgelähmte keine Reflexe hätten. Erklärte ich ihm auch. Dann fragte er: „Haben Sie eine Querschnittlähmung?“ – Ich nickte. – „Komplett?“ – Ich nickte nochmal. – „Wetten, dass ich bei Ihnen doch einen Reflex auslöse?“
„Wenn Sie so fragen, gibt es bestimmt einen“, antwortete ich, „den man auslösen kann. Mit List und Tücke.“ – „Ich wette, Sie können mit ihrem großen Zeh wackeln“, sagte er. Ach den. Kannte ich schon. „Babinski lässt grüßen?“ – „Sie haben ein großes medizinisches Interesse, oder?“ – „Es betrifft mich halt. Wenn Sie mich jetzt was über Herzinfarkte fragen würden, müsste ich passen.“ – „Warum wollen Sie Medizin studieren? Weil ein Studium besser wäre als sich weiter zu den Hallodris in die Schule zu setzen? Also die Frage wäre ja, ob nicht derzeit alles besser wäre als diese Hallodris.“
„Ich weiß es nicht. Es würde mich interessieren und ich könnte es mir vorstellen. Ich habe keine fernen Ziele, die ich erreichen will. Ich will keine Darmbakterien entdecken und auch nicht die Welt retten. Vielleicht tue ich das eines Tages mal, nichts ist unmöglich, aber ferne Ziele habe ich derzeit nicht. Als nahes Ziel möchte ich mein Abi schaffen, um studieren zu können und dazu so schnell wie möglich raus aus dieser Chaos-Schule.“
„Ich hätte einen Studienplatz für Sie. Zum 1. Februar 2012. Zusammen mit Marie. Könnten Sie einsteigen. Wenn Sie wollen und sich gut vorbereiten. Wollen Sie?“, fragte er mich. – „Ich bekomme mein Abi frühestens im Mai 2012 und habe keinen Einser-NC.“ – „Wollen Sie?“ – „Ja, aber…“ – „Dann sage ich Ihnen jetzt, wie Sie das machen können.“ – Ich nickte und hörte aufmerksam zu. – „Sie melden sich jetzt zum Test. Es gibt eine Art Einstellungstest, der ist eigentlich im letzten Monat gelaufen, aber es gibt noch einen Nachholtermin im Mai. Bis dahin büffeln Sie, entsprechende Lektüre bekommen Sie von mir mit.“
„Okay!?“, sagte ich. – „Wenn Sie den Test bestehen – daran habe ich keine Zweifel, wenn Sie fleißig üben – haben Sie im Februar 2012 einen Studienplatz. Ab Juni haben Sie Sommerferien und Ihre Fachhochschulreife. Machen Sie die so gut wie irgend möglich. Reden Sie mit den Lehrern, dass Sie jetzt abgehen und gute Noten brauchen. Schreiben Sie Hausarbeiten und Referate, machen Sie alles mit, was Ihre Noten verbessert. Wenn Sie den Test bestanden haben, steigen Sie im Sommer aus und machen alle vorbereitenden Dinge, die Sie für das Studium brauchen. Pflegedienst, Ersthelferkurs, Anmeldeprozedur, Vorgespräche. Ab Februar 2012 studieren Sie. Wenn Sie das nicht packen, steigen Sie ab August 2012 wieder in die Schule ein und hängen Ihr letztes halbes Jahr bis zum Abi dran. Man darf ein Jahr aussetzen. Wenn Sie das mit dem Studium aber packen, haben Sie im Februar 2013 (also nach einem Jahr) eine offizielle Hochschul-Zugangsberechtigung, die in ganz Deutschland gilt. Für alle Studiengänge, für alle Unis. Die ist wie das Abi. Wenn Sie in der Medizin bleiben, werden Ihnen sogar alle Scheine angerechnet, die Sie seit Februar 2012 schon gemacht haben.“
„Aber normalerweise darf man doch nicht ohne Abi an eine Hochschule, oder?“ – „Nein. Aber das Abi ist nicht der einzige Zugangsweg. Man kann auch anders eine Berechtigung zum Hochschulstudium bekommen. Zum Beispiel durch eine abgeschlossene Berufsausbildung und einige Jahre Berufserfahrung. Da gibt es einige Möglichkeiten. Man muss nachweisen, dass man die Reife hat, ein Hochschulstudium zu absolvieren. Der Nachweis gilt auch als erbracht, wenn man den Eingangstest schafft und ein Jahr lang erfolgreich studiert – und (zum Beispiel) eine Empfehlung eines Hochschullehrers hat.“ – „Habe ich denn so eine Empfehlung?“ – „Ja. Ich habe ja nun viel von Ihnen gelesen, ich habe Sie persönlich kennen gelernt, Ihre Noten sind überdurchschnittlich – ich habe keine Zweifel, dass Sie bereits heute mindestens dieselbe Reife besitzen wie eine Abiturientin. Daher würden Sie von mir eine Empfehlung bekommen.“
„Und der NC?“ – „Der ist geschenkt, weil Sie direkt einsteigen. Sie bewerben sich nicht zentral, sondern direkt mit der Empfehlung. Dann könnten Sie theoretisch auch mit dreikommafünfer Durchschnitt sein. Aber nur theoretisch – praktisch würde man zweifeln, ob Sie dann den Einstellungstest bestehen.“
Ist das genial oder genial? Ich weiß das noch gar nicht richtig einzuordnen in meinem Kopf. Und auch ein Trainingslager in Niedersachsen, von dem ich heute erst zurück gekommen bin, hat mir nicht den Kopf freigepustet. Lediglich einen klitzekleinen Sonnenbrand habe ich da bekommen.
27 Gedanken zu „Eine aufregende Woche“
wow…. ich bin davon überzeugt das du das mit Erfolg durchziehen wirst.
Das hört sich ja alles sehr spannend an 🙂 Dann wünsche ich mal viel Glück und Können.
Was für ein Test ist das denn eigentlich genau?
Bin selbst Medizinstudent und es hat mich riesig gefreut von deiner unverhofften Chance zu lesen.
Wenn du Fragen zum Studium hast, stehe ich gerne zur Verfügung. Habe dir auch eine Mail geschrieben.
Zu dem Medizinertest kann ich leider keine Tipps geben, da ich diesen zum Glück nicht machen musste, aber ich habe keine Zweifel, dass du das schaffst.
Ich drück dir die Daumen!
Wir brauchen Leute wie dich in der Medizin 🙂
Wenn es dich wirklich interessiert dann mach es. Das ist so eine Gelegenheit die 1x im Leben kommt und die man ergreifen sollte. Wenn du es durchziehst wuensche ich dir viel Erfolg !!!
Andreas
Waaaah!!!! Was für eine Chance!!! Unbedingt machen!!!!! Mal wieder eine tolle Geschichte von Dir, vielen Dank für den Beitrag. Kommt in die nächsten GCB Shares… Kewl! :))
Wau!
Ich drücke mich sonst ja gerne gewählt aus, aber hier passt eindeutig "das is ja mal hammergeil" besser 😉 Man möge es mir verziehen.
Ich wünsche dir alles Glück, was sich sonst noch so auftreiben lässt!
Eine interessante Kleinigkeit habe ich vielleicht noch für dich. Du hattest ja davon erzählt, dass Beamte in höhere Positionen gehoben werden, damit sie keinen so großen Schaden mehr anrichten können. Sowas gibts aber auch in der freien Wirtschaft! Da es in Deutschland extrem schwer ist jemanden zu kündigen, wird sowas auch in Firmen gemacht, deswegen gibts auch oft so viele Vicepresidents…
Dazu gibt es eine Wissenschaft. Die Nennt sich Hirarchologie und wurde von Laurence J. Peter entdeckt und erforscht. Ich hab dazu mal ein Buch gelesen, dass dar heisst "Schlimmer geht's immer" und extrem lustig ist. Wenn du also mal zu viel Zeit haben solltest: Das ist eindeutig eine Empfehlung! 🙂
Ah..nochwas: Irgendwann hast du mal was von nem Dell Rechner erzählt….wenn du dir nochmal einen Laptop oder so zulegen magst, berate ich dich gerne vorher 😉
LG und alles Gute
Damian
Ich habe mich zwar nicht in Hamburg, aber zentral für ein Medizinstudium beworben und bin am NC 1.2 gescheitert. Habe 1.3 und sehr gekämpft. Und nun kommst du und schnipp schnapp schneidert dir jemand einen Platz? Nicht dass ich dir das nicht gönne, aber wie ungerecht ist das bitte?
Ich weiß, dass es diese Möglichkeit der Empfehlung gibt, die gibt es an allen Unis. Eigentlich ist sie dafür gedacht, besonders begabten Menschen einen Studienplatz zu sichern. Weil besonders begabte Menschen nicht zwangsläufig irgendwelche statistischen Werte erfüllen, die für die Allgemeinheit gelten. Dass diese Vorschrift hier so missbraucht wird, finde ich, gelinde gesagt, zum Kotzen. -.-
Timo, du bist nicht an deinem Numerus Clausus von 1.3 gescheitert, sondern an deiner Arroganz. Es ist bezeichnend, dass du dir anmaßt, das Urteil eines Hochschulprofessors in Frage zu stellen. Willst du ausschließen, dass Jule besonders begabt ist? Ich kann mir gut vorstellen, dass sie das ist, nach allem, was ich bisher von ihr gelesen habe. Und Jule erfüllt auch bestimmte Werte nicht, die für die Allgemeinheit gelten: Sie kann nicht laufen. Und ist deswegen benachteiligt. Nicht nur durch die Idioten, die sie deswegen ausgrenzen. Sie wird durch ihre Behinderung daran gehindert, ein normales Abi zu machen. Und unsere Gesellschaft bekommt es nicht hin, ihr einen ebenen Weg dorthin zu zeigen. Oder nun ja vielleicht doch – das wäre wünschenswert.
Weißt du, Timo, mach du das erstmal nach (oder besser vor). Mach du erstmal dein Abi mit halber Stundenzahl in gleicher Zeit, fahr du im Rolli durch die Gegend, krieg dein Leben und deine Emotionen in den Griff, dann klappt das auch mit dem Studieren.
@Timo:
ich kann dich in gewisser Weise verstehen, wenn selbst dein Spitzenabi nicht für einen Platz reicht, aber trotzdem finde ich deine Einstellung ziemlich daneben. Ich studiere erfolgreich Medizin mit einem wesentlich schlechteren Schnitt. Und wie? Indem ich Durchhaltevermögen gezeigt habe und auf meinen Platz gewartet habe.
Menschen wie dir empfehle ich mit dem Schmollen und Studienplatz einklagen aufzuhören und eine Ausbildung im medizinischen Bereich zu machen. Bildet umgemein und nicht nur was das Wissen, sondern auch was die Persönlichkeit angeht. Wenn dir wirklich was an dem Studium liegt, dann nimmst du auch das auf dich. Vorher würde ich es mir nicht trauen von kämpfen zu sprechen. Also nimm etwas Dampf raus.
Also das ist doch mal eine erfreuliche Entwicklung! Herzlichen Glückwunsch! Ich würde mir die Chance nicht entgehen lassen. Wenn ich das richtig verstanden habe, verlierst du nichts. Selbst wenn alle Stricke reißen, kannst du an die Schule zurück und dein Abi nachholen. Dieses "Scheitern" müsste man dann zwar einen Moment verarbeiten, dafür weißt du dann aber, was nicht geht und bist insoweit vielen anderen schon einen Schritt voraus. Und falls du den Test nicht schaffst, machst du einfach weiter wie bisher. Nein, Jule, ich kann dir nur raten, es zu probieren. Es sei denn, dein Bauch oder dein Herz sagt Nein. Auf dich selbst solltest du natürlich hören.
Habe ich schon gesagt, dass ich mich für dich freue?
Hallo Timo, wenn du dich umfassend mit den Zugangsvoraussetzungen für ein Hochschulstudium auseinander gesetzt hast, weißt du ja, dass ein Teil der Plätze über die ehemalige ZVS und der andere Teil von der Uni selbst vergeben werden.
Einen Abischnitt von 1.2 zu erreichen war wohl eine Möglichkeit, es gibt aber auch andere Möglichkeiten, wie jeder weiß. Wenn bei dir nun weder das eine noch das andere greift, dann ist das zwar persönlich bedauerlich, aber kein Grund, andere anzumachen, die wegen NC <= 1.2 oder Erfüllung anderer Kriterien (Wartezeit etc.) schneller zugelassen werden als du. Ich möchte meinen Vorrednern zustimmen, es zeugt von einer gewissen Unreife, die man eigentlich bis zum Reifezeugnis abgelegt haben sollte.
Jule gratuliere ich zu dieser Chance und hoffe, dass sie sie wie auch immer nutzen wird.
Und da wunderst du dich, dass dich andere beneiden (siehe Kommentar über mir) und genauso sein wollen wie du?!
Du hast dir das selbst erkämpft und strahlst offensichtlich soviel Selbstbewusstsein und Reife aus, dass andere Menschen dir diese Möglichkeiten ebnen.
Da sieht man dann doch, dass man trotz Behinderung nicht eingeschränkt sein muss. Ich wünsch dir den nötigen Biss für die Prüfung! Du packst das!
Ich mag deine Überleitungen aus der ersten Hälfte.
Ich mag deine Reaktion "Und Behinderte".
Ich mag wie du deinen Alltag schilderst.
Ich mag wie du deine Probleme und Sorgen in Worte fasst, so dass man die Emotionen und das Engagement wahrlich spürt, du aber dennoch nicht komplett subjektiv wirst, sondern uns einen weitestgehend objektiven Blinkwinkel gewährst. (Und das ist nicht ohne, wenn man bedenkt, wie nahe dir einige dieser Dinge gehen müssen).
Vor allem aber mag ich, wie du derartig viele Menschen um dich herum so tief beeindruckst, ganz abgesehen von deiner Leserschaft. Irre ich mich, oder war da nicht mal eine Geschichte mit einem Arzt aus deinem Krankenhaus, der dich gebeten hat, einem jungen Mädchen Anschluss zu bieten, da sie mit ihrer frischen Querschnittslähmung nur schwer klar kam und von Suizid gesprochen hat? Und nun reißt du deine Ärztin und einen Hochschuldozenten derartig mit, dass sie speziell dir einen Weg in ein Medizinstudium anbieten!
Ich schließe mich Vio an, sein zu wollen wie du, ist wahrscheinlich nicht allzu abwegig, wenn man dich mal erlebt hat. Ganz ehrlich, das hab ich mir auch schonmal gewünscht, dich in Natura und in Echt zu erleben, nicht nur deine Gedanken zu lesen.
Und angesichts dessen, kann ich die Kleine, die sich ja scheinbar in dich verguckt hat, durchaus verstehen. 😉
Ja vielleicht ist sie n bissel Psycho, gut möglich, dass das alles nur Märchen sind. Aber du solltest nicht ausschließen, dass es wirklich etwas an dir war, dass sie beeindruckt hat und nicht nur ein Zufall, dass sie dich aus eurer Gruppe ausgewählt hat.
Ich könnte mir zumindest vorstellen, dass du dir mittlerweile eine beeindruckende Ausstrahlung angeeignet hast.
Oh und ich mag die Idee mit dem Studium, besonders, da du ja dein Abi im Notfall doch noch beenden könntest, dann vielleicht ohne Chaoten. Ich wünsch dir viel Glück damit.
Hi Jule,
eine ereignisreiche Woche… das ist wohl noch deutlich untertrieben!
Deshalb gehe ich mal auf die Sache mit Pauline und der "Psycho-Bahnfahrt" nicht weiter ein…
Dass zwei der drei Unruhestifter nun wieder ungestört ihr Unwesen an der Schule treiben können, während deine Schulleiterin offensichtlich sauer auf dich ist, bestätigt mal wieder meinen Eindruck von dieser absolut unfähigen Schulleiterin.
Es wird dringend Zeit, Lehrer und Schulleiter nicht mehr zu verbeamten, damit sie, wenn sie dermaßen unfähig sind, leichter rausgeworfen werden können. Sie wegzuloben ist doch viel zu aufwändig und teuer.
Dein möglicher Sonderweg zum Medizinstudium ist doch wirklich eine große Chance für dich, die du meiner Meinung nach unbedingt wahrnehmen solltest! – Du kannst bei dieser Sache doch überhaupt nicht verlieren, sondern nur gewinnen!
Wenn du den Test nicht bestehst, geht es eben leider weiter wie bisher und du hast zwar nichts gewonnen, aber auch nichts verloren.
Aber wenn du ihn bestehst, kannst du ohne Abi und ohne die Zustände an deiner Schule noch lange ertragen zu müssen, mit dem Medizinstudium anfangen.
Und wenn du merkst, dass das Studium doch nichts für dich ist, ziehst du eben nur das erste Jahr irgendwie durch und hast dann auch eine Hochschulzugangsberechtigung, mit der du z.B. Psychologie studieren kannst. – Ganz ohne behindertenfeindliche Idioten an deiner Schule. Das wäre doch schon mal ein großer Gewinn!
Aber ich bin durchaus optimistisch, dass du diesem Studium gewachsen bist.
Eine gewisse, schon lange nicht mehr aktive Userin bei PL (deren Beiträge du sicherlich kennst) dürfte schon mal der Beweis dafür sein, dass man auch als Rollstuhlfahrer das Medizinstudium schaffen und den Arbeitsalltag als Arzt bewältigen kann.
Weiterhin glaube ich auch kaum, dass du an der Uni wieder mit solchen behindertenfeindlichen Idioten konfrontiert sein wirst. Zumindest ich habe die Schule als Sammelbecken von Idioten erlebt, die Andere ausgrenzen und fertig machen, während es an der Uni zwar ziemlich viele seltsame Gestalten gibt (Nerds, alternativ angehauchte Dauerstudenten, usw.), aber niemand Andere fertig machen will.
Also: Viel Erfolg auf deinem weiteren Weg!
Und fühle dich nicht "weggelobt", sondern freue dich darüber, dass es Menschen gibt, die dir einen Schleichweg aufzeigen und eröffnen, wenn dir auf dem normalen Weg zu viele Steine in den Weg gelegt werden.
Gruß
Banane
@Timo
Bei dir spricht wohl der blanke Neid…
Ist es wirklich ungerecht, wenn Jule hier mal ein wenig bevorzugt wird, nachdem sie nicht nur durch ihre Behinderung eingeschränkt ist, sondern auch noch z.B. in der Schule dadurch benachteiligt wird, dass ihre unfähige Schulleitung ein behindertenfeindliches Klima an der Schule durch ihr Wegschauen ermöglicht und fördert und Jule auch noch dafür bestraft, dass sie für ihre Rechte eintritt?
Weiterhin ist doch der Sinn eines solchen besonderen Zugangs zum Studium, besonders fähigen Menschen den Zugang zu einem Studium zu ermöglichen, die aufgrund irgendwelcher äußerer Umstände Probleme dabei haben auf dem regulären Weg in den entsprechenden Studiengang reinzukommen. – Und das dürfte bei Jule wohl eindeutig der Fall sein, während du mit einem 1,3er Abi sicherlich mit nicht all zu langer Wartezeit einen Studienplatz bekommen hättest, wenn es dir wichtig genug gewesen wäre.
Somit sehe ich hier keinerlei Misbrauch dieser Empfehlung.
Lieber Timo,
wie ungerecht ist es bitte, dass Gehende wie Du (und ich) einfach mit dem Zug von Hamburg Richtung Rostock fahren können, aber Rollifahrer nicht?
Wie ungerecht ist es bitte, wenn Gehende Behinderte die extra ausgewiesenen Parkplätze zuparken?
Ich könnte stundenlang so weitermachen und wäre immer noch nicht an dem Punkt der Ungerechtigkeit angelangt, dass Du laufen und Deine Blase beherrschen kannst und Jule nicht…
NC 1,3 und trotzdem kein Studienplatz – das heißt entweder eine Bewerbung auf der falschen Schiene, am falschen Ort oder gar im falschen Land. Zum SS 2011 lag der NC in NDS und SH bei 1,3 mit 6 bzw. 3 Wartesemestern (in SH ist es also vergleichsweise leicht, verglichen mit Brandenburg – 1,2; 19 (!) Wartesemester). Ein Jahr vorher – und das ist Dein Pech – lag der NC in HH bei 1,5, genau wie in SH, und 2009 ebenfalls 1,5 in SH und 1,4 in HH. Die Diskrepanz zwischen WS und SS – das wirst Du am besten wissen – erklärt sich durch die Zahl der Schulabgänger, die nach dem Abi gleich ins nächste universitäre WS einsteigen wollen (und das wird auch nicht weniger werden nach der Abschaffung der Wehrpflicht).
Mit Deiner Einstellung allerdings hast Du beste Voraussetzungen, irgendwann einer jener Mediziner zu werden, die kreuz und quer schwerpunktmäßig durch Schleswig-Holstein herumkunstfehlern. Du solltest bei der Auswahl Deiner Versicherung besser nicht knauserig sein…
@Jule
So eine Chance kriegst Du so schnell nicht wieder. Nutze sie! Also setz Dich auf Deinen Hosenboden (haha…) und beiß Dich da durch!
(Leider ist die "Drohung", dass Dir einer den Hintern versohlt, wenn Du das verbaselst, ja bei Dir völlig wirkungslos… 😉 )
Den Hosenboden versohlen? Hat sie nicht gerade irgendwo geschrieben, dass ihr Freund auf ihren Windelpo steht? Ich frage mich gerade, was passiert, wenn man ihren Windelpopo verhaut. Soweit ich weiß, merkt sie da ja wenig bis nichts und ist zudem gut gepolstert. Komisch aussehen würde es trotzdem irgendwie, oder? Eine Rollifahrerin über das Knie legen und dann eine Runde Pampersspanking… Dieses Bild kriege ich jetzt erstmal nicht wieder aus dem Kopf. Vielen Dank, BigDigger.
Jule, für den in Aussicht gestellten Studienplatz freue ich mich. Mache einfach das richtige draus und höre auf deine innere Stimme.
Du hattest doch irgendwann mal so eine Möglichkeit, alle möglichen Fragen an dich zu stellen – Pampersspanking geht mir gerade nicht aus dem Kopf. LOL
Wenn sie drauf steht, warum sollte sie sich denn nicht verhauen lassen? Nur weil sie behindert ist? Man darf auch Behinderte verhauen, wenn sie das wollen.
Oh wie spannend! Viel Erfolg wünsche ich dir!
Oh wow! Das nenn' ich mal eine Chance. Ich freue mich sehr für Dich, liebe Jule. 🙂
Grüße vom seit 2 Tagen "dauergeschlauchten" Spasti
Huch, ich habe gestern per Handy hier gelesen und auch kommentiert, aber irgendwie hat das mit dem Kommentieren nicht so ganz funktioniert. Also noch mal. 😉
Die Chance, die sich Dir da bietet, liebe Jule, ist aus meiner Sicht echt klasse. Und dass man Dir zutraut, sie zu ergreifen und etwas daraus zu machen gleich noch mehr. Versuch' es! 🙂
Liebste Grüße aus dem Topf
Ich hab grad Gänsehaut. Was ein Wahnsinn! Du packst das auf jeden Fall!!!!! Alles Gute!
Hi Jule,
ich als Spätleser arbeite mich gerade von 2009 bis heute durch.
Das ist ja wie ein Krimi hier. Wehe, Du sagst vor. 🙂
Ich denke, Du weisst es inzwischen schon – Du bist genau richtig im Kopf!
Ich melde mich dann wieder, wenn ich in Deinem Blog bei 2012 angekommen bin.
Und bleibe bitte beim Blogschreiben.
Danke sehr.
Geilomat, Gänsehaut – und wenn man denkt es geht nicht (kaum) mehr, kommt irgendwo ein LIchtleit (Prof.) her 🙂
Ich seh vor meinem geistigen Auge schon den Blogtitel sich wandeln in Dr. Stinkesocke, hihi.
Fänd ich echt klasse – und wenns das nicht wird, wirds was anderes. Aber ich glaube schon, dass es das wird.
Kruder Vorschlag: nach erfolgreicher Promotion lost Du unter den Interessenten (n=1 ist schonmal sicher…) aus, wer Dich zu einem netten Essen mit medizinischen und blogtechnischen Gesprächen eilanden darf.
Wenn ich deine Blog lese, kommt es mir manchmal so vor, als ob ich gerade einen Film schaue oder ein spannendes ausgedachtes Buch lese.
Aber du berichtest aus deinem Leben, also ist es echt und manchmal auch unglaublich fantastisch oder verstörend.
Bald bin ich auch im Jahre 2013 angekommen und freue mich schon jetzt wie bolle zu erfahren wie es in deinem Leben weiter geht. 🙂 Ich melde mich, wenn ich beim deinen neusten Beitrag angekommen bin.
Hallo Jule,
in den letzten Tagen habe ich deinen Blog quasi von hinten aufgerollt, weil ich das alles extrem spannend finde. Oft war ich nah dran, einen Kommentar zu schreiben – bei alldem, was du wegen deines inneren Magneten so anziehst. Hab es mir aber geschenkt, da sich schon viele andere User zurecht über deine Familie, die Behörden, die Schule, Falschparker, etc. aufgeregt haben.
Warum schreibe ich jetzt trotzdem was? Ganz einfach, weil es hier um was Richtungsweisendes geht. Du startest quasi deinen beruflichen Weg. Und wie viele andere habe ich dich allein aufgrund deiner Blog-Texte, direkt im sozialen Bereich gesehen. Medizin find ich super, in der Pflege hätte ich dich genau so gesehen, nur ist da die Frage, inwieweit deine körperlichen Voraussetzungen hinderlich sind.
Aber am End‘ egal. Du hast Einfühlungsvermögen, Ehrgeiz, eine flotte Auffassungsgabe. Du hast das Zeug, dich durch ein Medizinstudium zu pflügen. Auch ohne NC, ohne Abi.
Ich hab noch nicht gespoilert und dementsprechend keine Ahnung, ob du wirklich diesen Weg eingeschlagen hast und bin daher noch dreimal mehr gespannt. Aber selbst wenn nicht: ich bin überzeugt, dass du auf jeden Fall in einem für dich passenden Beruf landen wirst.
Alles Gute.
Kai
Hallo Jule!
Ich verfolge deinen Blog schon seit dem ersten Jahr nach dem Unfall. Eher aus „Zufall“.
Auch wenn ich persönlich als Autist und auch noch körperlich „behindert“ aus Gründen kein Interesse an anderen Personen habe fasziniert mich Dein Blog auch heute nach, wenn auch nach langen Pausen. Kann ich nicht aus dem Kopp kriegen!
Momentan liege ich wieder im KKhs und habe mir den Blog bis hierhin nochmals komplett durchgelesen uns setzte diesen Eintrag als Wende für dein Leben fest.
Btw. Bin weit Ü50, nicht „pervers“ – also keine Anmache. Nur Glücklich darüber was Du geschafft hast.
Wirklich!
Ich bin stolz darauf, was Du erreicht hast und welche Ehrlichkeit Du hier stets teilst, was ich mir nie selbst zugetraut hätte.
Ich habe nie ein Blog getätigt und hätte dabei so viel zu erzählen gehabt. Aber nie getraut.
Ich höre hier ersteinmal ein paar Tage auf, weiterzulesen, weil es mich selbst zu sehr berührt und beeinflußt.
Zwischen diesem Eintrag 2001 zu heute 2021 ist viel Zeit vergangen, von der Du Dich möglicvherweise distanzieren magst.
Aber – bleib so, wie Du bist und positiv auf Deine Mitmenschen einwirkend.
Ich weiß ja, dass aus Dir letztlich eine Medizinerin geworden ist, aus deren beruflichen Alltag wir alle bei Twitter etwas erfahren dürfen. Aber dass so eine Geschichte der Ausganspunkt dafür war, macht das alles noch viel beeindruckender!