Bannmeile

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„Der Antragsgegnerin wird untersagt, sich der Antragstellerin auf eine Entfernung von weniger als 50 Metern zu nähern, sie auf der Straße anzusprechen und ihr zu folgen, Zusammentreffen mit der Antragstellerin herbeizuführen, direkt Verbindung zur Antragstellerin, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 3.000,00 € angedroht und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu einem Monat.“

Man sehe im Verhalten meiner Mutter inzwischen eine vorsätzliche widerrechtliche Verletzung meines Rechts auf Freiheit sowie eine unzumutbare Belästigung und halte die Anordnung für erforderlich, um weitere drohende Verletzungen und Belästigungen abzuwenden – ich schreibe jetzt nicht den ganzen Senf ab, der da zu Begründung und Kosten noch drunter steht, nur so viel: Drei Handyfotos, geschossen in der Nähe des Croqueladens, auf dem meine Mutter zu sehen ist, wie sie versucht, vorne an meinem Auto hochzuklettern (was ihr wegen der glatten Front des Viano nicht gelang, obwohl sie sich ziemlich geschickt an der Oberkante der Haube festgehalten hat und über dem Kennzeichen auf die Stoßstange klettern wollte), haben sogar denjenigen Richter umgestimmt, der letzte Woche noch die Ablehnung ausgesprochen hat, auch wenn der heute nicht zu entscheiden hatte, sondern wohl nur dazu befragt wurde.

Frank und ich hatten gestern abend eine Begründung gegen die Entscheidung des Gerichts geschrieben. Im wesentlichen ging es darum, dass diese permanenten Kontaktaufnahmen, die ohne meinen Willen und immer verbunden mit Streit und Einschüchterungen stattgefunden haben, schon im Krankenhaus durch das Klinikpersonal unterbunden wurden und sich seitdem wie ein roter Faden durch mein Leben ziehen. Sogar als sie in der Therapie war, hat sie mit unterdrückter Nummer teilweise 20 Mal pro Tag versucht, mich anzurufen und etliche SMS geschrieben. Das Schwimmtraining ist der einzige Ort, den sie kennt, und nur eine Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt und die Sensibilisierung meines Umfelds haben verhindert, dass sie weitere Adressen herausfindet. So beschränken sich ihre Kontaktversuche auf diesen einen Termin in der Woche, das passiert aber seit ihrer endgültigen Entlassung aus der letzten Therapie bislang jede Woche und ihre Aktionen sind zuletzt nur durch das Eingreifen dritter Personen zu beenden gewesen. Die Anwältin, die letzte Woche etwas an das Gericht gefaxt hatte, hatte wohl nur vier lapidare Sätze geschrieben.

Der Beschluss wird meiner Mutter nun zugestellt. Sie muss unterschreiben, dass sie das bekommen hat. Und dann warten wir mal ab, wann sie wieder auftaucht.

Sollte sie sich eine Zeitlang daran halten, kann ich mir vorstellen, wöchentlich eine Stunde für eine geordnete Familientherapie, meinetwegen auch in einer Einrichtung, die meine Mutter behandelt, einzusetzen. Nicht mit dem Ziel, ihr Kontakt zu ermöglichen, sondern um ihr zu helfen. Sofern ihre Therapeutin das für sinnvoll hält. Das steht in dem Beschluss des Gerichtes natürlich nicht drin und das Angebot gebe ich auch frühestens im nächsten Frühjahr ab, jenachdem, wie sich das alles hier entwickelt. Vielleicht würde ihr so etwas auch gar nicht helfen, ich weiß es nicht. Aber erstmal will ich meine Ruhe und vor allem respektiert werden. Ich lass mich doch hier nicht zum Spielball machen.

Rollifahrer und ihre Sicherheit

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Es ist das ewige Problem: Jemand, der nicht laufen kann und das in der Öffentlichkeit damit kompensiert, dass er sich in einen fahrbaren Stuhl setzt (Rollstuhlfahrer), behindert damit unter Umständen andere Menschen. Oder er gefährdet sie sogar. So die beschränkte These einiger Menschen, die die modernen Gedanken zum Thema Behinderungen, wie auch in der UN-Konvention über Menschen mit Behinderungen, noch nicht realisiert haben oder nicht realisieren wollen.

Eine Behinderung ist keine unliebsame Eigenschaft, mit der ein Mensch mehr oder weniger schicksalhaft versehen worden ist, sondern es handelt sich bei einer Behinderung um eine (mögliche) Hinderung eines Menschen an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft durch die Wechselwirkung seiner (körperlichen) Beeinträchtigung mit verschiedenen Barrieren (seiner Umwelt).

Zur Behinderung gehören demnach nicht nur körperliche (oder seelische, kognitive, geistige) Beeinträchtigungen, sondern auch die Barrieren (der Umwelt), die mit dieser Beeinträchtigung in Wechselwirkung stehen. Eine Behinderung setzt also immer voraus, dass es Dinge in der Umwelt gibt, die so beschaffen, gestaltet oder gebaut sind, dass sie zum Beispiel mit einem Rollstuhl nicht befahrbar sind.

Oder man hat eben das Problem mit irgendwelchen Sicherheitsvorschriften, die gerne vorgeschoben werden, wenn behinderte Menschen etwas ungewöhnliches vorhaben. So hatte ein Musicaltheater eine Zeitlang acht Rollstuhlfahrerplätze, von denen aber immer nur vier gleichzeitig belegt werden durften, weil ansonsten im Evakuierungsfall die Sicherheit der Gäste nicht gewährleistet war. Inzwischen hat man eine andere Lösung gefunden, aber bis dahin galt es als ungewöhnlich, wenn ein Rollstuhlfahrer mehr als drei Freunde hatte, mit denen er gemeinsam ins Musical wollte. Oder auch eine Rollstuhlsportgruppe galt insofern als ungewöhnlich… Okay, die müssen ja zur Weihnachtsfeier auch nicht unbedingt ins Musical, die können ja auch einen Glühwein trinken, draußen stört das keinen. Solange nicht alle zusammen einen Stand blockieren…

Nun wollte kürzlich der Deutsche Bundestag mit behinderten Menschen über die UN-Konvention diskutieren. Dreihundert Leute hätten Platz gefunden, nur rechnete niemand damit, dass unter den angemeldeten auch Rollstuhlfahrer waren. Um genau zu sein: Es haben sich unter den 300 Gästen rund 100 Rollstuhlfahrer angemeldet. Damit war die Bundestagsverwaltung überfordert, die Sicherheit im Parlamentssaal wäre gefährdet gewesen. Also hat sie die Veranstaltung einfach wieder abgesagt. Unter dem Motto: „Der Bundestag lädt aus, wir kommen trotzdem“ wurde in Berlin kurzerhand eine Protestveranstaltung organisiert. Mit Plakaten wie: „Die Bauaufsicht verletzt unsere Menschenrechte und Politiker schauen tatenlos zu“ machten die Rollifahrer ihrem Unmut Luft und sogar das Fernsehen war dabei.

Wer das Dritte Fernsehprogramm des NDR (N3) empfangen kann, sollte sich heute abend um 22.50 Uhr mal die Satiresendung „Extra 3“ ansehen (Wiederholung auf Eins Extra um 0.30 Uhr). „Wer kann auch damit rechnen, dass zu einer Veranstaltung für Behinderte jede Menge Behinderte kommen? Extra 3 fragt nach.“ heißt es in der Vorankündigung – ich bin mal gespannt.

Gemeinsames Croque

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Was meine Mutter nicht wissen konnte, war, dass in dieser Woche wegen des Wochenend-Trainingslagers das Schwimmtraining ausfiel. Sie hätte es auch nicht erfahren, hätte sie nicht vorher mal wieder in meinem Verein angerufen, sich mit falschem Namen gemeldet und suggestiv-manipulativ nachgefragt, ob regulär Schwimmtraining stattfinde, ihre Nichte sage, es falle aus. „Da hat Ihre Nichte recht, die treffen sich aber in der [Gaststätte]“, kam als Antwort, wie ich später am Telefon von unserem Häuptling erfuhr, der mich prompt anrief um zu fragen, wie es mir ginge. Der Mitarbeiter in der Geschäftsstelle hatte sich nichts böses dabei gedacht, als die „Tante“ angerufen hatte. Soll ich die nun alle bitten, künftig erstmal nachzufragen, wer da anruft?

Jedenfalls wollten wir uns eigentlich mit ein paar Leuten aus meiner Sportgruppe treffen, um ein paar Dinge zu besprechen und dabei ein leckeres Croque zu essen, aber leider hatten wir dort so einen Zirkus, dass ich mich, wieder mit Tatjanas Hilfe, ins Auto setzen und nach Hause fahren musste. Ich war froh, mit dem Auto und nicht mit der Bahn in die Sternschanze gefahren zu sein. Nur aus Zeitgründen hatte ich das getan, was ich sonst hasse, weil man dort nie einen Parkplatz findet.

Meine Mutter meinte, sich zu uns an den Tisch setzen zu müssen, was ich erstmal toleriert hatte, um nicht sofort einen Anlass für Stimmung zu liefern, bis sie versuchte, die Leute wieder davon zu überzeugen, dass Sport nicht das richtige für sie sei und sie ihre Tochter (also mich) bereits voll im Griff hätten. Das Theater ging so weit, dass einzelne bereits nach Hause wollten, bis ich dann gesagt habe, dass ich verschwinde. Mal sehen, wann das von alleine aufhört, wie der Richter meint. Oder ob Frank und ich morgen beim Gericht doch noch etwas anderes erreichen.

Mal wieder Trainingslager

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Ich verspüre gerade ein dringendes Bedürfnis, nämlich: Mal wieder etwas nettes zu schreiben. Und auch wenn es sich in den letzten Tagen und Wochen anders gelesen hat, mein Leben hält auch noch nette Dinge für mich bereit. Zum Beispiel ein Wochenend-Trainingslager. Ich habe mich schon über einen Monat darauf gefreut, endlich mal viele nette Leute wiederzutreffen und mal richtig Zeit für Sport, Quatschen, Spielen, Lachen und nochmal Sport zu haben. Am Freitagnachmittag war es endlich mal wieder so weit, zusammen mit den Sportlerinnen und Sportlern aus Niedersachsen sind wir wieder in das Kaff gefahren, in dem wir im Januar schon einmal ein Wochenend-Trainingslager hatten.

Neben den alten Hasen, meinen langjährigen Freundinnen und Freunden und den üblichen Deppen waren dieses Mal auch eine neue Trainerin aus Hamburg, eine neue Trainerin aus Niedersachsen und einige neue Sportlerinnen und Sportler dabei. Simone war dieses Mal nicht mit, da sie auf einer Familienfeier Anwesenheitspflicht hatte.

Cathleen und ich hatten ein gemeinsames Zimmer und wie schon beim letzten Mal war es in den Schlafräumen (wir hatten ein Zweierzimmer) so saukalt, dass wir mit zwei Kissen und zwei Decken in einem Bett geschlafen haben, um uns gegenseitig zu wärmen. Wir wussten ja schon, dass die Heizung nur die Stufen „Schockgefrieren“ und „Gefrieren“ kannte und hatten uns entsprechend warme Schlafklamotten mitgenommen. Ich hatte unter meiner Schlafanzughose noch eine Leggings und über meinem Oberteil noch ein Kapuzenpulli. Plus zwei Paar Socken. Und trotzdem kann ich nicht sagen, dass mir richtig warm im Bett war. Immerhin musste dieses Mal der Meckerdrachen aus Niedersachsen zu Hause bleiben, der sich letztes Mal partout nicht damit anfreunden wollte, dass Betten doppelt belegt wurden, und wiederholt entsprechenden Budenzauber veranstaltet hatte.

Dafür war unsere neue Trainerin, die die Jungs trainiert, um so netter. Sie hat jahrelang selbst Leistungsschwimmen gemacht, hat erst eine Ausbildung zur Physio absolviert und studiert nun Sportwissenschaften. Mit ihr hat sich unser Verein echt ein Goldstück geholt. Sie ist zudem bildhübsch und hat eine absolut tolle Figur, so dass nicht nur die Jungs geblendet sind, sondern vor allem die Mädels neidisch werden.

Wir Mädels hatten die neue Trainerin am Wochenende zum ersten Mal erlebt und es war wirklich gut. Besonders gefällt mir an ihr, dass sie es schafft, einerseits total ernst zu sein (wenn sie redet, ist es mucksmäuschenstill und alle hören zu, alle sind pünktlich, keiner macht irgendwelchen Unsinn), andererseits aber total albern und vor allem sehr offen. Sie sagt dir ehrlich ihre Meinung, lässt keine Extrawürste zu, respektiert aber jeden so wie er ist und ist für jeden Spaß zu haben. Ich glaube, sie wäre nicht der Typ, mit dem ich abends alleine was trinken gehen würde, aber ich mag sie total gerne. Allerdings gibt es auch keinen Grund für Tatjana, die uns sonst trainiert, eifersüchtig zu sein. Die beiden ergänzen sich prima.

Das Wochenende war also absolut toll und was wäre ein Blogbeitrag von mir, wäre da nicht eine kleine Anekdote am Rande. Ich sage nur: Sven. Wird nächstes Jahr volljährig, kommt auch aus Hamburg, ist aber noch relativ neu dabei, hat irgendeine angeborene körperliche Behinderung – und hat am Wochenende den Erdbaumaschinenführerschein mit Auszeichnung bestanden. Nicht nur, weil er seinen Rolli selbständig wieder aus dem Schlamm manövrieren konnte (auch wenn er hinterher aussah wie nach dem Schlamm-Catchen), sondern vor allem, weil er so viel gebaggert hat. Jede, die nicht bei drei auf dem Baum war, bekam signalisiert, dass er sie gerne als Partnerin hätte. Und mit ’signalisiert‘ meine ich keine warm leuchtenden Augen mit ein paar leisen, bescheidenen und netten Worten, sondern einen Hochleistungs-Blitzlichtbalken mit Pressluftfanfare.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Wenn wir nach dem Training duschen und nur eine rolligerechte Kabine haben, duschen wir alle durcheinander. Jungs und Mädchen, jung und alt – niemand muss, jeder hat die Chance, am Ende alleine und ungestört zu sein, aber wer schnell die warme Dusche haben will, riskiert, nackt gesehen zu werden. Und ja, man wird angeschaut, gerade die Jungs, die gerade durch die Pubertät sind, gucken schon mal genauer hin. Stört mich aber nicht, sollen sie gucken. Ist ja, solange es nicht übertrieben wird (und das wurde es noch nie), auch ein wenig schmeichelhaft, wie ich finde. Solange es halt nur Interesse und kein Gegaffe ist. Und Gegaffe hatte ich zumindest, wie gesagt, noch nie.

Ich hätte also auch nichts dagegen, wenn einer nach dem Duschen meine Nähe sucht, sich direkt neben mir abtrocknet und anzieht, das vielleicht spannend findet, mit mir redet, und sei es auch nur über das Training oder das Wetter. Was aber gar nicht ging, war Sven, der zu Cathleen und mir gerollt kam, nachdem er geduscht hatte und wir uns gerade abtrockneten, und fragte, ob jemand von uns wüsste, was ‚Onanie‘ bedeute. Cathleen antwortete: „Ja, das weiß ich, und du weißt es auch. Wenn du mit mir darüber sprechen willst, dann sag das direkt und stell bitte nicht so doofe Fragen.“ Er wollte uns dann zu verstehen geben, dass er das Wort gerade irgendwo gelesen hatte und das ja gar nicht wusste, was es bedeutet und auch nicht wüsste, was ‚Selbstbefriedigung‘ sei. Ich empfahl ihm Google und als er merkte, dass er das Thema falsch begonnen hatte, gab er irgendwann auf.

Am Abend klopfte er nochmal an unserer Zimmertür und wollte uns mitteilen, dass er inzwischen gegoogelt hatte und er unterschiedliche Informationen darüber gefunden hätte, wie oft man das täglich oder wöchentlich tun dürfte. Menno!!! Warum fragt er nicht einfach, ob ich es mir selbst mache und wenn ja, wie oft? Darum ging es doch. Ja, ich hätte Verständnis für solche Fantasien und für den Reiz, so etwas über jemanden, den man vielleicht toll oder attraktiv oder spannend findet, herauszufinden, zu entdecken, zu erfahren. Was nicht heißt, dass ich ihm das so einfach erzählt hätte. Ich mag die plumpe Tour eigentlich nicht. Aber seine Tour war so derbe plump, dass wir ihm irgendwann damit gedroht haben, das den Betreuern zu melden, wenn er damit nicht aufhört. Leider hat er sich das mit diesem Mist bei fast allen Mädels „verdorben“ – obwohl er sonst eigentlich ganz nett war. Können einen Hormone so in die Irre steuern?! 😀

Nichtsdestotrotz war es ein schönes Trainingslager. Eins der schönsten sogar. Es war eine ruhige, entspannte Veranstaltung, die trotzdem sehr viel von uns abgefordert hatte. Es war harmonisch, die Leute waren nett und so viel wie an diesem Wochenende habe ich lange nicht mehr gelacht.