Das Gute im Menschen

Wie es wieder funktioniert! Immer wieder die gleiche Masche, immer wieder die gleichen Leute, die darauf reinfallen und sich instrumentalisieren lassen. Ich begreife es nicht.

Alles Reden nützt nichts. Schon Martin Luther hatte Gutes im Sinn, als er empfahl, nicht alles zu glauben, was man hört, und nicht alles zu sagen, was man weiß. Ich weiß nicht, wie egoistisch und wie abgebrüht man sein muss, um Gerüchte über jemanden zu verbreiten, die geeignet sind, mal eben ganz großen Schaden anzurichten: Ein Kommilitone soll Geld unterschlagen haben. Öffentliches Geld, das ihm zu Forschungszwecken bewilligt wurde. So ein Vorwurf kann schlimmstenfalls eine ganze Karriere kaputt machen.

Es zog ganz große Kreise, und um Ermittlungen nicht zu gefährden, wurde mit ihm nicht gesprochen. Der Eine glaubt, was zu wissen, der Zweite glaubt, was gehört zu haben, der Dritte will sich wichtig machen, der Vierte sein Ego polieren und der Fünfte sich für irgendetwas rächen. Der Sechste dachte, er lästert nur und dichtet noch etwas dazu – und schon steht sie da: Eine öffentliche Meinung über einen Menschen, über den es normalerweise nichts Schlechtes zu reden gäbe.

Wie froh kann man doch sein, wenn es Menschen gibt, die schlechter sind. Wenn für eine gewisse Zeit die eigene dunkle Seite im Schatten des Bösewichtes leuchtet. Wenn man jemanden angrinsen kann, weil man zu schwach ist für ein Lächeln. Am Ende galt für den jungen Mann die Unschuldsvermutung nicht mehr. Er musste beweisen, dass er nichts Unrechtes getan hatte. Und siehe da: Den einzigen Fehler, den er gemacht hatte, war eine Fehlkalkulation bei den benötigten Mitteln. Der Fehler ist aber mehreren Personen, die eigentlich auf solche Fehler hin kontrollieren sollen, nicht aufgefallen. Solche Fehler können passieren. Und sie passieren auch immer wieder. Anstatt einmal mit ihm zu reden, wurde gleich das Schlimmste vermutet.

Fakt ist, dass die zu viel bewilligten Mittel niemals abgerufen wurden. Vielmehr hat der Kommilitone bereits vor Monaten ordnungsgemäß die Planung korrigiert. Und das hatte er schriftlich. Das ist inzwischen auch offiziell mit ausdrücklichem Bedauern bestätigt und verkündet worden.

Ich habe bereits als kleines Kind von meinem Großvater gelernt: „Glaube immer zuerst an das Gute im Menschen.“

Es fällt manchmal schwer, denn das Schlechte scheint manchmal näher zu liegen. Aber in Wirklichkeit sagt eine solche Haltung in erster Linie etwas über die eigenen Vorstellungen und Erwartungen aus. Völlige Arglosigkeit hilft mit Sicherheit nicht, und ein gesundes Misstrauen sollten alle Menschen hegen. Ein gesundes Misstrauen muss sich aber auch immer gegen die eigenen Gedanken richten. Insbesondere gegen die, die anderen Menschen schaden könnten.

3 Gedanken zu „Das Gute im Menschen

  1. Wuah. Genau vor sowas habe ich Angst.

    Ich beantrage zwar keine Mittel, ich verwalte sie aber. Für sechs Professuren plus zugehöriger Post Docs. Wirtschaftliche, hoheitliche, Landesmittel, EU-Mittel. Ich erstelle die Kalkulationen, ich rufe ab, ich bestelle, ich verwalte… wer wird also irgendwann mal Schuld sein, wenn etwas in die Binsen geht? Bingo. Ich.

    Okay, ich durfte gerade an schlechtem Beispiel erleben, dass da ausnahmsweise mal die Hackordnung greift und der Chef ausbaden muss, was die Verwaltung versiebt (ein dummer Fehler einer Kollegin – auch zu viel Vertrauen gegenüber Dritten – kostet uns 15.000 Euro). Aber die Lästerei, das Hintenrum… nur nicht die Verantwortung zu haben oder eigentlich nicht Schuld zu sein, heißt ja nicht, dass es einen psychisch nicht kaputt machen kann.

  2. Tja, so schnell kann es gehen. Man st eben gerne schnell dabei jemanden Vorzuverurteilen. Ich kann das auch nicht haben.

    Zum Glück scheint ja nochmal alles gut gegangen zu sein.

    Grüße aus Dresden

    Philipp

  3. Von so einem Fall schneller Verurteilung hab ich letztens auch gehört.

    Der Leiter der Band einer Gemeinde würde anscheinend kiffen. Als Vorbild, das auf der Bühne steht und von Teenagern angehimmelt wird, war das Gerücht sehr schnell in Umlauf und man begann über ihn zu sprechen.

    Die Bekannte, die mir das erzählt hatte, hat ihn dann irgendwann mal selbst angesprochen.

    Ergebnis: Er hatte es einmal ausprobiert und sofort gemerkt, dass das nichts für ihn ist und ihm nicht gut tut.

    Ihr Fazit: Das hätte man gleich rausfinden können. Man sollte besser miteinander reden, statt übereinander.

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