Wir haben

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Wenngleich ich es sonst selten so direkt mache, wende ich mich heute direkt an die Leserinnen und Leser meines Blogs und wünsche allen einen guten Rutsch und ein schönes Jahr 2015.

Ich wünsche mir, dass Menschen mehr und offener miteinander reden und dass unsere Gesellschaft verständnisvoller miteinander umgeht. Dass wir die Vielfalt und damit auch die Unperfektheit als Bereicherung sehen.

So wie in diesem Schild. In diesem Sinne: Alles Gute für!!!

Knallerei und Silvester

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Ich bin froh, am Silverstertag nicht in der chirurgischen Notaufnahme zu sitzen. Und nicht bei der Feuerwehr zu arbeiten. Nennt mich eine Schisssocke, aber ich gebe nicht einen Cent für Knallerei und Feuerwerk aus. Ansehen werde ich mir das Spektakel aus sicherer Entfernung. Zusammen mit Marie und einigen anderen Leuten wollen wir morgen Silvester feiern und um Mitternacht auf gutes Wetter an der Elbe hoffen. Sieben Grad und Nieselregen sind vorhergesagt. Es könnte also besser sein – aber auch viel schlimmer!

Gute Vorsätze

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Wie soll es erst im nächsten Jahr werden? Also in 2015? Da haben die Läden vom Donnerstag, den 24. Dezember mittags bis Montag, den 28. Dezember morgens geschlossen! Ein Chaos wird ausbrechen, denn die Menschen müssen sich für dreieinhalb Tage bevorraten! Ob man vielleicht am 27. Dezember einen verkaufsoffenen Sonntag veranstaltet? Sozusagen als den Tag, an dem das Weihnachtsgeld von Oma auf den Kopf gehauen, die Geschenke getauscht und die sonst fast viertägige Hungersnot vorzeitig beendet werden kann?

Die letzten Schokoweihnachtsmänner, die seit Ende August die Regale füllten, werden für 20 Cent das Stück verkloppt. Platz muss dringend her für die Osterhasen, die im kommenden Jahr schon am 5. April wieder beim Hoppeln ihre Eier verlieren und jetzt schon in den Lagern einstauben. Und endlich gibt es wieder frische länger haltbare Milch. Und Brot, auf deren Tüten endlich eine „2015“ eingeprägt ist.

Zwanzig Kassen hatten geöffnet, als ich heute um kurz vor sechs einige wenige Knabbersachen für unsere Silvesterparty einkaufen wollte. Ich schwöre: Das werde ich im nächsten Jahr anders machen. Womit ich meinen ersten gute Vorsatz habe. Zur Silvesterparty 2015/16 bringe ich wieder Knabberkram mit. Nur werde ich den bereits kurz nach dem Nikolaustag holen.

Die Kassiererin möchte 7 Euro und 15 Cent von mir. So etwas zahle ich nicht mit Karte. Und irgendwo hatte ich neben dem Zehn-Euro-Schein auch noch eine Zehner- und eine Fünfer-Münze. Nein, es dauert nicht zu lange. Dennoch probt die Dame, die hinter mir steht und mir beim Warten in der Schlange zuvor schon vier Mal versehentlich gegen das rechte Rad meines Rollstuhls getreten hat, ihre guten Neujahrsvorsätze, Barmherzigkeit und Nächstenliebe, indem sie mir mit den Worten: „Soll ich Ihnen helfen?“ mein Portmonee aus der Hand nehmen will. Ich drehe meinen Oberkörper weg und nehme schützend einen Ellenbogen zwischen mein Geld und die Frau und kann mir ein unwirsches „Geht’s noch?“ nicht verkneifen. Ich bin ja vieles gewohnt, und ich bin auch bereits, nicht nur ob meines letzten Neujahresvorsatzes, sehr viel geduldiger gegenüber jenen Menschen, die es mit ihrer Hilfsbereitschaft übertreiben; aber dass mir jetzt jemand ins Portmonee fasst oder mir selbiges aus der Hand zu nehmen versucht, um für mich zu bezahlen, das geht eindeutig zu weit und so etwas gehört gleich im Keim erstickt.

Genauso wie die Diskussion, die die Dame zu beginnen versuchte. „Ich wollte nur helfen.“ – „Sie können doch nicht einfach fremden Leuten ins Portmonee greifen!“, gab ich ihr mit ernster Miene in scharfem Ton zurück. Zweifel, dass ich selbst für mich sorgen könnte, sollten danach eigentlich nicht mehr vorhanden sein. Die Dame holte Luft, allerdings mischte sich die Kassiererin ein: „Das muss ich aber auch sagen. Nur weil sie im Rollstuhl sitzt, ist sie doch nicht bescheuert!“

„Ich habe es nur nett gemeint“, verteidigte sich die Dame erneut. Nett ist bekanntlich eine kleine Schwester, aber so weit will ich nicht ausholen. Ins Portmonee greifen ist ein No-Go, und dabei bleibe ich. Selbst wenn ich mit Geld nicht umgehen könnte, läge es wohl bei mir, die Kassiererin um Hilfe zu bitten. Jene adrette Dame, die zwischen den Kassen mit der Stornokarte und dem schnurlosen Telefon hin- und herläuft, wurde auf die Situation aufmerksam und stellte sich dazu. Ich bekam ohne weitere Worte meine drei Euro Wechselgeld und zog davon. Ohne mich noch einmal umzudrehen.

Sebastian

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Alle waren sie da. Alle Meinungen. So ist das, wenn man viele Menschen fragt. Da bekommt man viele Antworten. Von „steig noch heute mit ihm in die Kiste“ über „abwarten und Tee trinken“ bis „halte dich von ihm fern, er wird dich töten“ war alles dabei. Am Ende stellt sich heraus: Meine Entscheidung wird mir niemand abnehmen. Ich muss selbst Verantwortung übernehmen für das, was ich tue und lasse. Aber das wusste ich auch vorher schon und die Erwartung, jemand könnte mir meine Entscheidungen abnehmen, habe ich nie gehabt. Allerdings sehen viele Augen mehr als meine zwei vielleicht geblendeten – und bringen damit vielleicht etwas mehr Licht in die Dunkelheit.

Sehr spannend finde ich, welche Eigenschaften sich aus ein paar Absätzen herauslesen lassen. Und sehr spannend fand ich auch ein Gespräch mit Maries Mutter zu dem Thema. Sie hat sehr viel Gewicht in zwei Sätze gelegt: „Wenn wir dabei Freunde bleiben können, kannst du das bei mir auch haben.“ Und: „Es liegt jetzt an dir, ob du ab sofort nichts mehr mit mir zu tun haben willst.“

Sie findet das sehr dominant, nahezu manipulativ. „Er setzt dir einen, wie er selbst sagt, unmoralischen Wunsch vor, diktiert dabei gleich die künftigen Beziehungsverhältnisse – und falls du darauf nicht eingehen solltest, schiebt er dir gleich noch die Verantwortung dafür zu, wenn im Ergebnis die Freundschaft daran zerbricht. Und dann macht er das nicht in den Stunden, in denen ihr auf Augenhöhe zusammen am Tisch sitzt und esst, sondern quasi mit dem Fuß in der Tür, nämlich während er ohne Jacke im Schneegestöber friert, nachdem er dich sicher im Auto verstaut hat. Du musst dich also entscheiden, ob dein sofortiger Gesprächsbedarf wichtiger ist als seine Gesundheit. Und die einzige Nachfrage, die du wagst, nämlich die nach den Pornos, beantwortet er ausweichend.“ – „Du würdest mir also abraten?“, fragte ich.

Maries Mutter antwortete: „Nein, so pauschal nicht. Du musst dir aber im Klaren sein, worauf du dich da einlässt. Auf einen Typen, der nicht genug Arsch in der Hose hat, um dich gerade heraus zu fragen, ob du mit ihm vögeln willst, der dich als Abenteuer, vielleicht sogar als Spielzeug sieht, mit dem er Spaß haben kann, und der seine Verantwortung vermutlich auch künftig in erheblichen Teilen auf dich abwälzen wird. Das klingt erstmal negativ und nervig, und von einer Partnerschaft mit ihm würde ich dir in der Tat abraten – auch wenn ich glaube, dass Erfahrungen nützlicher sind als gute Ratschläge. Aber wenn du dich stark genug fühlst, um hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen für das, was er im Bett mit dir macht, dann kann das der beste Sex deines Lebens werden.“

„Du meinst…“ – „Genau. Das Spiel mit den gezinkten Karten ist nur so lange ungerecht, wie einer von dem Zink nichts weiß.“

Ich glaube, ich habe verstanden. Wie gesagt, sehr spannend. Ich kenne ihn übrigens seit mehreren Jahren. Nicht aus der Behinderten-Szene. Woher, das verrate ich vielleicht später mal. Womit klar ist, dass es weiter geht. Wie, das weiß ich noch nicht. Und wo schon nach einem Namen gefragt wurde: Sebastian.